U-Verlagerung Ofen 1/2
Projekt "Ofen" – Einleitung
Die Anlagen vom Typ "Ofen" waren Kleindestillieranlagen, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs eiligst errichtet wurden um der drohenden Öl- und Benzinknappheit entgegen zu wirken. Die Projekte "Ofen" gehörten dem sogenannten Geilenberg-Programm an. Bei dem Geilenberg-Programm handelte es sich um einen Führererlass vom 30.05.1944, der die Wiederherstellung von durch alliierter Bomberverbände zerstörten Anlagen der Mineralölindustrie, wie Hydrierwerke oder Raffinerien, regeln sollte. Benannt wurde das Geilenberg-Programm nach dem Projekleiter der unterirdischen Mineralölproduktionsstätten, Edmund Geilenberg. Demnach sollten die zerbombten Werke der Treibstoff- und Ölgewinnung in unterirdische Stollenanlagen, im gesamten Deutschen Reich verteilt wieder neu und vor allem bombensicher errichtet werden. Der Mineralölsicherungsplan war in viele verschiedene Projekte unterteilt. Es gab unter Anderem die Projekte Dachs, Schwalbe, Wüste, Karpfen, Krebs, Iltis, Molch, Kuckuck, Lack, Rost und eben auch das Projekt Ofen. Jeder dieser Projektnamen stand für ein eigenes Produktionsverfahren innerhalb des Geilenberg-Programms. Die großen Stollenanlagen, zumeist Neubauten, der Geilenberg-Projekte bekamen zusätzlich noch einen eigenen Decknamen wie zum Beispiel die U-Verlagerung Dachs 4: Projekt Dachs - Deckname Basalt. (LINK) Die kleineren Projekte, und dabei handelte es sich bei einer Ofen-Anlage, erhielten keinen eigenen Decknamen. Sie wurden lediglich durchnummeriert. Wie im ersten Satz schon stand, (Ihr erinnert euch, woll?) handelte es sich bei dem Projekt Ofen um eine Kleindestillieranlage. Von den Projekten "Ofen" wurden 22 Doppelanlagen geplant und größtenteils auch komplett erbaut. Eine genaue Auflistung aller Ofen-Anlagen findet Ihr im Anhang dieses Textes. Zur besseren Tarnung der kleinen Geilenberg-Projekten wurden diese in Steinbrüche, an Steilhängen und in Schluchten gut versteckt in den Wäldern überall im Reichsgebiet errichtet. Die sogenannte Streuung der Anlagen hatte auch den Vorteil, daß sie schlecht zu finden waren. Und wenn eine Ofen-Anlage doch mal entdeckt wurde, konnte die Anderen die Produktion aufrecht erhalten. Der größte Teil einer Ofenanlage wurde über Tage erbaut. Nur ein kleiner Teil, dass Herzstück der Anlage sowie Teile der Lager und Werkstätten wurden in einem Stollen untergebracht. Der Stollen diente auch als Luftschutzstollen für die Arbeiter und das Personal. Ebenso das Labor, die Forschungsstätte einer Ofen-Anlage fand in der Untertage-Verlagerung platz. Die Situation vor Ort war auch von Ofen zu Ofen unterschiedlich: Es gab einige oberirdisch angelegte Ofen-Projekte, genauso wie es auch acht Ofen-Anlagen gab, die komplett unter Tage verlagert wurden. Bis auf die Rohöltanks und die Verladeanlagen natürlich.
Reste der Tanks der Anlage Ofen 1/2
In den Kleindestillationsanlagen wurde Rohöl in Dieselkraftstoff und Ottokraftstoff umgewandelt. Jede Ofenanlage wurde konzipiert um rund 6.000 Tonnen Kraftstoff pro Monat produzieren zu können. In fast allen Anlagen vom Typ "Ofen" kam es auch zur Produktion. Das lag daran, dass die Destillieranlagen relativ klein und somit schnell zu erbauen waren. Jede Doppelanlage Ofen bestand aus mehreren Tanks zur Aufnahme des Rohöls, zur Lagerung des fertigen Kaftstoffs und zur Aufnahme der Produktionsrückstände, welche beim Destillieren entstanden. Die eigentliche Umwandlung des Öls zum Kraftstoff fand in den zentralen Röhrenofen durch Erhitzung statt. Der so gewonnene Kraftstoff wie Benzin und Diesel wurde entweder direkt an die Endverbraucher ausgeliefert, oder zum weiteren Veredeln an die zentralen großen U-Verlagerungen Dachs, Schwalbe, Kuckuck und Taube gebracht. Ofen-Anlagen waren also meist an andere Untertage-Verlagerungen gekoppelt. Entweder sie dienten als Zulieferbetrieb wie bei der unten Vorgestellten es der Fall war, oder die Ofenanlagen standen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Großstollenanlagen. So standen zum Beispiel die Anlagen Ofen 5/6 und 7/8 neben Taube 2 oder Ofen 23 - 30 neben Dachs 2...
Liste der Ofen-Anlagen:
01. Ofen 1/2 Rinteln
02. Ofen 3/4 Alfeld
03. Ofen 5/6 Brilon
04. Ofen 7/8 Brilon
05. Ofen 9/10 Northeim
06. Ofen 11/12 St. Polten
07. Ofen 13/14 Krems
08. Ofen 15/16 Krems
09. Ofen 17/18 Melk
10. Ofen 19/20 Pirna
11. Ofen 21/22 Pirna
12. Ofen 23/24 Ebensee
13. Ofen 25/26 Ebensee
14. Ofen 27/28 Ebensee
15. Ofen 29/30 Ebensee
16. Ofen 31/32 St. Polten
17. Ofen 33/34 Zistersdorf
18. Ofen 35/36 Ungarn
19. Ofen 37/38 Ibbenbüren
20. Ofen 39/40 Deutschbrod
21. Ofen 41/42 kein Baubeginn
22. Ofen 43/44 kein Baubeginn
Soviel zum Thema U-Verlagerung Ofen im Allgemeinen. Alles Weitere gibt es unter den Berichten über die einzelnen Ofen-Anlagen. Hier geht es nach der Werbung weiter mit der Vorstellung der Anlage Ofen 1/2.
Werbeblock:
Die U-Verlagerung Ofen 1/2 wurde gesucht, gefunden, besucht, erkundet und Fotografiert von Bergmann und Eismann.
Die Recherchearbeiten und der daraus resultierende Bericht stammen von Eismann.
Die Fahrdienste und das Leermachen der mitgeführten Kanne Kaffee wurde von Bergmann übernommen.
Glückauf und bis zum nächsten Ofen-Bericht...
Eismann, copyright 2009
Beton im Wald - Ein ehemaliger Tamk mit Eismann als Größenvergleich
Beton im Wald - Reste von betonierten Halterungen der oberirdisch liegenden Tanks
U-Verlagerung Ofen 1/2:
Die Reste von der kleinen Untertage-Verlagerung Ofen 1/2, oder sollte ich lieber schreiben "der Übertage-Verlagerung Ofen 1/2"??, fanden wir südlich von Rinteln, am Rande des Wesergebirges, nahe der Ortschaft Bögerhof. Schon aus dem Auto heraus sahen wir den Beton im Wald. Doch viel war bei unserem Besuch nicht mehr von der aus zwei Produktionseinheiten bestehenden
Anlage (Ofen 1 und Ofen 2) zu finden. In dem Steinbruch, wo sich einst die Röhrenofen zur Destillation befanden, steht heute ein Wohnhaus und eine kleine Baufirma hat sich dort niedergelassen. Dementsprechend wurden auch alle Anlagen zur Treibstoffgewinnung abgerissen. In einem weiteren Steinbruch entdeckten wir nur noch das gesprengte Stollenmundloch neben
einigen Betonteilen, welche verteilt auf dem unwegsamen Boden herum lagen. Zwischen den beiden Steinbrüchen, in einem Waldstück, hatten wir mehr Glück. Wir entdecken die Reste von vier großen Beton-Tanks. Auch diese wurden gesprengt, so dass die Abschlussdecke fehlte. Aber der Rest war so schon imposant genug, wie ihr auf den Fotos sicherlich erkennen könnt. Das Besondere an der Anlage Ofen 1/2 war, dass wir VIER Tanks vorfanden. Bis dato kannten wir nur Ofen-Anlagen mit zwei großen Betontanks. Neben den großen Behältern fanden wir auch noch die Betonfundamente für die liegenden Stahltanks für die Fertigprodukte der Übertage-Verlagerung Ofen 1/2.
Beton im Wald...
Vor Ort - Eismann im gesprengtem Tank der Anlage Ofen 1/2
Das Geilenberg-Projekt Ofen 1/2 bei Rinteln wurde im Spätsommer 1944 errichtet. Baubeginn war Ende Juli 1944. Die Bauzeit betrug gut zwei Monate, so dass die Kleindestillationsanlage gegen Ende August / Anfang September ìhren Betrieb aufnehmen konnte. Betreiber der Anlage Ofen 1/2 war das große und damalig wichtige, aus Hannover-Misburg stammende Raffinerie-Werk Deurag-Nerag. Das Projekt Ofen 1/2 war, wie alle anderen Ofen-Projekte auch, dafür ausgelegt, aus Rohöl Benzin und Diesel herzustellen. Die anvisierte monatliche Produktionsmenge belief sich auf 6.000 Tonnen Kraftstoff. Von den 6.000 Tonnen waren 3.000 Tonnen für den freien Markt bestimmt. Die andere Hälfte sollte an die U-Verlagerung Dachs 1, einem weiteren Geilenberg-Projekt in Porta-Westfalica, geliefert werden. Da die Anlage Ofen 1/2 gegen Ende 1944 schon in voller Produktion
stand und die Untertage-Verlagerung "Dachs 1" noch nicht fertiggestellt war, ist davon auszugehen, dass die gesamte Produktionsmenge vorläufig an den freien Markt ging. Da die Ü-Verlagerung Ofen 1/2 verkehrsgünstig lag, das heißt direkt an das deutsche Reichsbahnnetz angeschlossen war, konnte das Rohöl, sofern vorhanden, gut angeliefert und die Fertigprodukte gut ausgeliefert werden. Die U-Verlagerung Ofen 1/2 war mit eine der ersten Geilenberg-Projekte im Zweiten Weltkrieg, die auch wirklich produziert hat. Die Produktion von Kraftstoffen, wie Autobenzin wurde bis zum Kriegsende aufrecht erhalten. Danach wurde die U-Anlage Ofen 1/2 demontiert und gesprengt. Im Jahreswechsel 1944/1945 war noch eine weitere Anlage bei Bögerhof geplant. Deckname des weiteren Geilenberg-Projektes war "Jakob 5". Doch die Krack-Anlage Jakob wurde nicht mehr errichtet...
Reste der Geilenberg-Anlage Ofen 1/2
Der Reichbahnanschluss war direkt vor Ort...
© Eismann, 2009 // 2017