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unterirdische rüstungsproduktion in wort und bild

 
 

U-Verlagerung "Anke"


Bereits im Jahre 1943 begann das Reichsministerium für Rüstung und Kriegswirtschaft (RMfRuK) mit der systematischen Untersuchung und Auflistung unterirdischer Hohlräume, welche mit geringem Aufwand in kürzester Zeit zur unterirdischen Produktionsstätte umgebaut werden konnten. Besondere Bedeutung erhielt dabei das Bundesland Thüringen, denn dieser mitteldeutsche Raum lag mit all seinen schon zahlreich vorhandenen Bergwerken und Stollenanlagen abseits der Ballungsgebiete, war aber trotzdem durch die dichte Vernetzung der Infrastruktur verkehrstechnisch sehr gut erschlossen. Ausserdem bot die waldreiche Landschaft eine natürliche Tarnung. Der nordthüringsche Raum mit all seinen Anhydrit- und Gipsvorkommen wurde, wie wir alle wissen, zum Zentrum der deutschen V-Waffen-Produktion ausgebaut. Der südthüringsche Raum, das Thüringer Schiefergebirge, mit seinen zahlreichen Schieferbergwerken wurde ebenfalls ein Zentrum der deutschen Rüstungsindustrie, auch wenn hier die geplanten und realisierten U-Verlagerungen deutlich kleiner waren und verstreuter lagen, als wie es zum Beispiel im Großraum Nordhausen der Fall war. Vor allem im Gebiet um Prostzella und Lehesten waren rund 25 Untertage-Verlagerungen geplant, wovon sich der Großteil schon gegen Ende 1944 im Ausbaustadium befanden und einige wenige bereits schon in voller Produktion standen. Eine davon war die hier vorgestellte U-Verlagerung "Anke" im Thüringer Schiefergebirge. Eine Schiefergrube bei Probstzella wurde für das Torpedoarsenal Mitte (TAM) mit Sitz in Rudolstadt zur bombensicheren Untertage-Verlagerung umgebaut und erweitert. Das TAM war zusätzlich noch in einer weiteren U-Verlagerung, einem Eiskeller in Nähe des Hauptwerks, mit dem Decknamen "Rosalie" untergebracht. Solange sich noch das neue unterirdische Hauptwerk mit dem Decknamen "Meerschaum" noch im Bau befand, stellten die U-Verlagerungen "Rosalie" und "Anke" eine Art "Notprogamm" innerhalb der Teileverlagerung der TAM dar. Der Deckname "Anke" war übrigens vom RMfRuK richtig für eine U-Verlagerung in einem Bergwerk gewählt worden. Die "Anke" ist in diesem Fall ein Fisch und kein Frauenname. Baunummer der Anlage war 139, Bauherr war die OT-Einsatzgruppe IV (Kyffhäuser) aus Weimar, Thüringen. Nachdem die Dachschiefergrube von Geologen des RMfRuK im Juli 1944 auf die Tauglichkeit zur U-Verlagerung untersucht und für geeignet befunden wurde, erfolgte die Sperrung für den Bergbau und die Vorplanungen zur Umgestaltung zur unterirdischen Rüstungsproduktionsstätte fanden statt. Die beiden untersten Sohlen der Schiefergrube besaßen einen relativ großdimensionierten Förderstollen, welcher mehrere Thüringer Hohlbaue miteinander verbindete, welche wiederum hervorragend zur Produktionsfläche hergerichtet werden konnten. Die unterirdische Produktionsfläche sollte 5.000 Quadratmeter groß werden, wobei 3.000 qm auf die Montage und 2.000 qm auf die Lagerung fielen. Die Hallen konnten innerhalb kürzester Zeit (teil-) ausbetoniert und zur Aufstellung von Maschinen eingeebnet werden. Die Stollen waren bereits mit einem Gestänge für den Transport versehen. Das Deckgebirge von weit über 100 Metern Schiefer war mehr als bombensicher. Die durch das Loquitztal verlaufende 30 Kilovolt-Leitung konnte zur Stromversorgung gesichert werden. Die Loquitz konnte zudem zur Zuführung der benötigten zwei Kubikmeter Brauch- und Kühlwasser pro Stunde für die Maschinen in den Fertigungsbereichen und für die Wasserversorgung der Belegschaft genutzt werden. Die Arbeitskräfte sollten in Bracken neben der Spalthütte des Bergwerks und in einer Gastwirtschaft in Probstzella untergebracht werden. Eine direkte Gleisanbindung an das Reichsbahnnetz im Tal war nicht vorhanden, konnte aber mittels Schmalspurbahn oder Bremsberg zum Stollenmundloch erbaut werden. Nach dieser Bestandsaufnahme der Schiefergrube in Probstzella durch das Reichsministerium wurde das Bergwerk am 18.07.1944 zunächst für die Firma Pittler und Sohn aus Leipzig gesperrt. Die Firma Pittler sollte auf 6.000 m² Produktionsfläche Mehrspindelautomaten bombensicher im Schieferstollen herstellen. Nachdem die Stollenanlage ein weiteres Mal vermessen wurde und Teilweise auch für die Geilenberg-Projekte "Steinbock 2" und "Kybol 2" vorgesehen war, wurde der unterirdische Hohlraum am 23.11.1944 neu vergeben. Die beiden Geilenbergprojekte zogen in  zwei benachbarte Schiefergruben, da dort die Probleme mit der Feuchtigkeit als nicht so groß eingestuft wurden. Und da die Torpedoproduktion eine höhere Priorität als die Mehrspindelproduktion besaß, wurde die Schiefergrube ab November 1944 letztendlich für das Torpedoarsenal Mitte zur Untertageverlagerung genehmigt und umgebaut. Die zu der Zeit in der Schiefergrube arbeitenden 17 Personen (4 Bergmänner und 13 Hilfsarbeiter) wurden in das Verlagerungsobjekt mit integriert. Das weitere Personal und auch die Arbeitsgeräte wurden von der Kriegsmarine, wozu das Torpedoarsenal Mitte gehörte, gestellt. Die sowjetischen Zwangsarbeiter zum Umbau der Stollen wurden von der OT "organisiert". Die eigentlichen Umbauarbeiten der Schieferstollen und der übertägigen Anlagen begann im Dezember 1944. Die Bauarbeiten im und am Schiefergebirge wurden vom Baurat Kelmstedter und Diplom-Ingenieur Steiger vom TAM koordiniert. Vom dem der Organisation Todt angegliederten Bergamt Weimar stand Professor Doktor Wöhlbier zu allen bergbautechnischen Fragen und Aufgaben zur Verfügung. Am Berghang wurde eine Seilbahn errichtet um die rund 100 Höhenmeter zwischen der Talsohle und den Stollenmundlöchern zu überwinden. Betonierte Reste davon sind heute noch im Wald vorhanden. Oberste Priorität war eine rasche Durchführung ohne viel Bauarbeiten rund um die Baustelle Anke, damit diese schnellstmöglich ihre Produktion aufnehmen konnte. Die beiden Hauptförderstollen, welche die Montagehallen verbinden, wurden durch Ausbruch eines Stützliniengewölbes vergrößert. Diese Pofilgestaltung ist im Stollen noch sehr gut zu erkennen. Die von der OT vorgeschriebene Lichtraumhöhe von 3,75 Metern in eingleisigen Hauptverkehrsstollen wurde allerdings nur selten eingehalten. Danach wurden die Stollen mit Wetterlutten und Elektroinstallationen versehen. Die Wetterhaltung in der U-Verlagerung Anke wurde von den Siemens-Schuckert-Werken installiert. Die Haken für die Bewetterungskanäle sind teilweise noch erhalten. Auch einige Wetterlutten liegen noch in der Untertageverlagerung, wie man auf dem Foto weiter unten sehr gut sehen kann. Die Montagebänder für die Torpedos hatten eine Breite von neun Metern und wurden in den Montagehallen, den ehemaligen Abbauhallen der Schiefergrube eingebaut. Diese wurden durchnummeriert. Halle 1 – 17. Die Nummerierungen sind heute auch noch zu erkennen. Das ehemalige Sprengstofflager der Schiefergrube wurde zum Lager für Kleinteile und zum Büro umgebaut. Auf Ausbau in den Stollen wurde weitgehend verzichtet. Nur ein kleiner Teil wurde mit Stempeln abgestützt, der Rest war im standfesten Gebirge untergebracht. Das Ziel war es 500 Torpedos pro Monat herzustellen. Gegen Ende des Jahres 1944 wurde die unterirdische Produktion auf 1.500 Torpedos pro Monat herauf gesetzt. Die unterste Sohle war nur für die Produktion der Torpedos vorgesehen. Die Sohle darüber war für die Lagerung der Torpedos vorbehalten. Obwohl die Produktion im Januar 1945 anlief, ließen sich Vertreter des TAM immer seltener auf der Baustelle "Anke" blicken, denn die Hauptverlagerung "Meerschaum" war wichtiger denn je geworden... Siehe U-Verlagerung Meerschaum!  (Klick)

Svenska, Martin und Schlufine im Thüringer Schiefergebirge...


ahh, dieser Ausblick...


Eingang in die U-Verlagerung Anke


Stollenstrecke mit Grubenlampe... Glück Auf



Tank in einer Produktionshalle



Schmalspurgestänge



Fahrstollen in der U-Verlagerung Anke



Wetterlutten in der U-Verlagerung Anke



Stollen...


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