U-Verlagerung „Lachs“ – Werk „REIMAHG A“
Unterirdisches Verlagerungsobjekt zur Me 262-Montage im Walpersberg bei Großeutersdorf
Morgens ist der Tag noch am schönsten...
...heißt es im Volksmund. Doch unser Morgen an jenem Tag, als wir zu ersten mal den Walpersberg besuchten, fing gar nicht so richtig schön an. Doch das sollte sich im Laufe des Tages noch gründlich ändern. Nach viel zu kurzer Nacht standen wir viel zu früh im Sächsischen Vogtland auf. Wie es sich für richtige Bunkersportler gehört, zogen wir es vor zu Zelten, als wie eine Dose Kieler Sprotten im gemütlichen, rustikalen, aber viel zu kleinen Wohnzimmer zu pennen. Gestern in Wuppertal sind wir noch mit einem T-Shirt bekleidet gestartet – und heute: Schneeregen, knackige Null Grad mit Sturmböen. Na toll, dass kann ja was werden. Nicht das uns das „schlechte“ Wetter was ausmacht, aber wir sahen unsere Fototour schon im Dauerregen versinken. Der Himmel zeigte sich in den herrlichsten Bunkerfarben von Steingrau über Betongrau bis hin zu Dunkelgrau.
Nachdem unsere Gastgeber uns ein leckeres Frühstück mit viel Kaffee und Tee zubereitet hatten, verschwand schon der erste Grauton über unseren Köpfen. Schon kurze Zeit später, nachdem wir unsere heutige Ausrüstung (Wärmflasche, Taschenwärmer, Pudelmütze, usw...) zusammen gepackt hatten, fuhren wir in Richtung Thüringen. Schon kurz nachdem wir das Bundesland Sachsen verlassen hatten, irgendwo bei Zeulenroda, entdeckten wir ein blaues Loch in dem grauen Himmel, und je näher wir nach Kahla kamen, desto besser wurde auch das Wetter. Tja, wenn Götter reisen. Als wir dann endlich am Fuße des Walpersberges parkten, war auch der zweite Grauton am Himmel verschwunden und die Sonne schien auf unsere aufgeregten Leiber. Der letzte Grauton, das Betongrau, durfte nicht verschwinden, denn wir wollten uns ja die gewaltigen gesprengten Bunkerruinen der ehemaligen Rüstungsfabrik ansehen und natürlich auch fotografisch festhalten.
Danach fand eine tagesfüllende Begehung des Walpersberges statt. Unser Gastgeber und Leiter der Exkursion „Bunkersachse“ führte uns zu (fast) allen wichtigen Stationen rund um die Untertage-Verlagerung „Lachs“ und erklärte uns fachlich kompetent die einzelnen Objekte. Wir sahen die Reste von den gewaltigen Montagebunkern, die Werkstattgebäude, gesprengte Stollenmundlöcher, die ehemalige Startbahn auf dem Bergrücken und jede Menge Beton im Wald. An dieser Stelle muss ich noch anmerken, dass die unterirdischen Produktionsräume der U-Verlagerung „Lachs“ heutzutage nicht mehr zu befahren sind. Falls sich in unseren Bericht doch einige Untertage-Fotos eingeschlichen haben sollten, bitte ich dieses zu entschuldigen. Wir können uns das auch nicht erklären. Nach dieser spannenden Walpersberg-Exkursion wurde noch ein Imbiss in Kahla aufgesucht, um unsere leeren Mägen wieder zu füllen und den Tag review passieren zu lassen. Danach ging es vorbei an der U-Verlagerung „Albit“ wieder zurück nach Sachsen, wo mittlerweile auch wieder besseres Wetter herrschte. Bei einem zünftigen Lagerfeuer und ein paar leckeren Pilsken endete dieser tolle Tag fernab unserer Stamm-Trinkhalle in Nord-Rhein-Westfalen.
So Freunde, getz ist das Vorgeplänkel am End und es geht hier nun weiter mit der Geschichte über die U-Verlagerung „Lachs“ bei Kahla, wobei wir unsere Fotos immer mal wieder in den Bericht, und zwar relativ Textbezogen, mit einfließen lassen. Bis morgen dann...
Wir müssen leider draussen bleiben...
Die Geschichte der unterirdischen Me 262-Produktion und Montage im Walpersberg:
Wie eine Insel im sonst recht flachen Saaletal überragt der Walpersberg bei Großeutersdorf die Landschaft. Mit einem fast ebenen Bergkamm ausgestattet und einem stillgelegten Porzellansand-Bergwerk im Inneren rückte der Walpersberg recht schnell in das Interesse des Reichsministerium für Rüstung und Kriegswirtschaft (RmfRuK), welches schon ab 1943 nach geeigneten unterirdischen Hohlräumen für die Verlagerung der deutschen Rüstungsindustrie suchte. Das der mitteldeutsche Raum, speziell in Thüringen, eine der Untertage-Verlagerung-Hochburgen wurde, hängt damit zusammen, dass die abgelegene Bergregion mit seinen vielen Bergwerken und Stollenanlagen beste geologische Voraussetzungen für die bombensichere Verlagerung von Produktionsstätten bot. Am bekanntesten ist mit Sicherheit die Region um Nordhausen, wo schon sehr früh ein Ballungsraum für Untertageverlagerungen, der sogenannte „Mittelbau“, entstand. Ebenso die Infrastruktur im hier beschriebenen Südthüringen passte. Fast alle kleineren Städte und Dörfer waren an das Reichsbahnnetz angeschlossen, so dass die Transportwege zunächst keine Schwierigkeit darstellte. Hinzu kamen noch die zahlreichen Flüsse und Bäche, die das Thüringische Schiefergebirge durchzogen. All dieses trifft auch auf die Orte Kahla und Großeutersdorf zu. Neben dem V-Waffen-Zentrum Mittelbau mit seinen zahlreichen unterirdischen Rüstungsobjekten, den verschiedensten Steinsalz- und Kalibergwerke in denen bereits seit Kriegsbeginn kostbare und wertvolle Archiv-, Museums-, und Bibliotheksgüter bombensicher eingelagert waren, wurden auch im südthüringischen Raum eine Vielzahl von Bergwerks- und Stollenanlagen für die unterirdische Verlagerung von Rüstungsfabriken vom RmfRuK befahren und geprüft. Es handelte sich zwar bei den meisten unterirdischen Hohlräumen um ehemalige Schieferbergwerke, und diese waren nur bedingt für den Einbau von Untertage-Verlagerungen geeignet, aber man fand trotzdem einige hervorragend geeignete Bergwerke und Steinbrüche, vornehmlich aus dem Gips- und Erzbergbau, welche sich für großangelegte untertägige Rüstungsfabriken eigneten. Im südthüringischen Raum wurden also 41 Stollensysteme vom RmfRuK erfasst und für die Unterbringung von Werksanlagen vorbereitet. Von den geplanten 41 Untertage-Verlagerungen hatten gegen Ende 1944 bereits 33 Anlagen einen Decknamen und eine Objektnummer erhalten und waren größtenteils schon in der Ausbauphase für den vorbestimmten Verwendungszweck der jeweiligen Rüstungsfirma. Hinzu kamen noch einige Stollenneubauten, welche sich unter der Leitung der OT ebenfalls gegen Ende 1944 im Aufwältigungszustand befanden. Die eben genannten Dachschiefergruben boten meist nur kleine unterirdische Nutzungsflächen von 1.000 bis 3.000 qm, die mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auf eine Produktionsfläche von 5.000 qm erweitert werden konnten. Deshalb wurde nur ein kleiner Teil der Schieferbergwerke zur Untertage-Verlagerung umgebaut. Die bekanntesten unterirdischen Anlagen in den Thüringischen Schiefergruben sind sicherlich die U-Verlagerungen „Rotbutt“ und „Kaulquappe“ bei Lehesten.
Besonders gut geeignet für die unterirdische Verlagerung war der Walpersberg bei Kahla. Aufgrund seiner schon vorhandenen Stollen, welche aus der Zeit der untertägigen Porzellansandgrube stammten, geriet der Walpersberg schnell ins Visier des Reichsministerium für Rüstung und Kriegswirtschaft. Hinzu kam noch, dass das vorhandene Stollensystem sehr Standfest und trocken war. Mit einer Überlagerung von gut 100 Metern Buntsandstein, der zwar zum Teil aus stark verwitterten Schichten bestand, war das Stollensystem der Kaolingrube mehr als bombensicher. Der Umbau der ehemaligen Grube in Großeutersdorf (Porzellansandbergwerk) bekam gemäß des Decknamenvergabeschemas des RmfRuK einen Decknamen aus der Fisch- und Amphibienwelt: U-Verlagerung „Lachs“
Reste von Bunker 1 (Böhm-Bunker)
Die Porzellansandgrube Großeutersdorf baute ab 1897 im Südostteil des Walpersberges einen feldspatreichen, kaolinisierten Sandstein in den Schichten des Mittleren Buntsandsteins ab. Im Laufe der Jahre entstand so im Berg ein großes, schachbrettartiges, netzartiges Stollensystem, wobei die einzelnen Abbaustollen einen Querschnitt von vier mal vier Meter hatten. Die Stollen durchzogen den Walpersberg von Süden nach Norden auf einer Länge von etwa 200 Metern und waren immer wieder von Querschlägen und Durchhieben miteinander verbunden.
Das zur Kahler Porzellanfabrik gehörende Porzellansandbergwerk Großeutersdorf war landesweit als bergmännisches Stollensystem bekannt, so dass in den letzten Jahren immer wieder mal Dienststellen der Wehrmacht, sei es zur Einlagerung von Gütern oder auch als unterirdische Produktionsstätte, an der Anlage interessiert waren. Die Hauptinteressenten an dem Stollensystem waren die Firma Junkers aus Dessau, die Luftwaffe, die Firma Leitz aus dem hessischen Wetzlar, die Marinewerft in Kiel, der Zeiss-Ikon-Konzern und das Heeresbekleidungsamt. Doch die Nutzung der Stollen scheiterte zunächst daran, dass keine regionale Baufirma gefunden werden konnte, die die nötigen Zufahrtswege ausbauen konnte.
Erst nach der Bombardierung von Peenemünde (Heeresversuchsanstalt Kitz) und der Gründung des Jägerstabs 1944 wurde die endgültige Entscheidung getroffen, das Kaolin-Bergwerk im Walpersberg zur Untertage-Verlagerung zu nutzen. Eines der wichtigsten Kriterien zum Umbau des Bergwerkes war seine Lage. Der Walpersberg lag nämlich direkt an der Bahnlinie München-Berlin, eine der damals wichtigsten Eisenbahnstrecken Deutschlands überhaupt. Der einzige Nachteil lag in dem Höhenunterschied. Die Sandgrube befand sich ungefähr 60 Meter höher als die Reichsbahnstrecke im Saaletal. Man dachte zunächst darüber nach, einen zweigleisigen Tunnel durch den Berg zu treiben und von diesem aus über 60 lange Blindschächte die Untertage-Fabrik zu beliefern. Dieser wäre sicherlich von der Verkehrssituation ein günstiger und vor allem (bomben-) sicherer Schachzug gewesen, aber es scheiterte wie so oft an der Zeit und an dem Fehlen von den arbeitsmäßigen Voraussetzungen. Der Arbeitsaufwand für das Tunnelprojekt wurde von vornherein zu hoch eingestuft und wieder verworfen.
Der endgültige Verlagerungsbescheid wurde im Sommer 1944 den Gustloff-Werken aus dem benachbartem Weimar zugeteilt. Die Untertage-Verlagerung in den Walpersberg des Flugzeugwerkes Gustloff war nur eine von insgesamt drei vorgesehenen unterirdischen Produktionsstätten. Die beiden anderen bombensicheren Werke waren die U-Verlagerungen „Schneehase“ in Kamsdorf und der Stollenneubau „Pikrit“ bei Krölpa.
Beton im Wald
Der Baubeginn der U-Verlagerung „Lachs“ erfolgte am 11. April 1944. Die Umbaumaßnahmen lagen in der Hand der REIMAHG-Bau GmbH. Extra zu diesem Zwecke wurde die REIMAHG-Gruppe innerhalb der Gustloff-Werke als Tochterunternehmen gegründet. (REIMAHG = Reichsmarschall Hermann Göring) Der Ministerpräsident des Landes Preußen, Reichsmarschall Hermann Göring, war der Chef der deutschen Luftwaffe und unterstand dem Reichsminister für Rüstung und Kriegswirtschaft, Albert Speer, der wiederum der Chef des sogenannten „Jäger-Stabs“ im Deutschen Reich war. Die REIMAHG-Gruppe wurde bereits im August 1943 gegründet. Im Einvernehmen zwischen Hermann Göring, dem Namensgeber der Gruppe und der OT-Einsatzgruppe Kyffhäuser, wurde der Thüringer Gauleiter Fritz Sauckel Leiter der RHEIMAG-Baugesellschaft. Zum Chef der REIMAHG-Baugesellschaft wurde Staatsrat Otto Demme ernannt. Ihm unterlagen die gesamten Bauausführungen der U-Verlagerung Lachs. Neben der technischen Oberleitung war Otto Demme auch mit der Einrichtung der unterirdischen Fertigungsanlagen und der Taktstraßen beauftragt. Neben dem Umsetzten der geplanten unterirdischen Produktionsstätte im Walpersberg begann auch der Bau von den notwendigen übertägigen Anlagen rund um das Projekt Lachs. So wurde zum Beispiel ein riesiges Barackenlager mit Unterkünften für rund 15.000 Arbeitskräfte errichtet. Zwei Drittel davon bestanden aus ausländischen Zwangsarbeitern.
Die Objektnummer der U-Verlagerung „Lachs“, versteckt gelegen im Thüringischen Schiefergebirge, war 5.000, bzw. 30, wobei sich die erste Nummer auf den Stollenneubau, welches an ein Bergwerk angegliedert war, bezog. Laut RmfRuK war die 5.000er Serie für Untertage-Verlagerungen in Stollenneubauten vorgesehen.
Die Konstruktionsnummer, beziehungsweise Baunummer der U-Verlagerung „Lachs“ war Nummer 70, welche von der OT-Einsatzgruppe IV (Kyffhäuser) für das unterirdische Objekt vergeben wurde. Das Untertage-Projekt mit dem Decknamen Lachs gehörte zu der ersten Welle der Untertage-Verlagerungen im deutschen Reichsgebiet.
Zusätzlich zu dem bestehenden Bergwerksstollen sollte die U-Verlagerung Lachs auch aus einem angegliederten Stollenneubau bestehen, welches die ehemaligen Grubenbaue um ein Vielfaches erweitern sollte. Der erste Bauabschnitt der Stollenanlage erfolgte indem die vorhandenen Stollen bis auf einen Querschnitt von 5 mal 5 Metern erweitert wurden. Zudem wurden an den Steckenkreuzungen diverse Sicherungen wie das Einbringen von Gewölbemauerungen und Stahlbetongewebe eingebaut. Gegen die Absandung der Firste und Stöße wurde eine Spritzbetonschicht von drei Zentimetern Stärke angebracht. Erst danach wurde das Stollensystem in Richtung Westen weiter vorgetrieben. Der nächste Bauabschnitt sah 12 handparallele Stollen vor, die in regelmäßigen Abständen von Norden her etwa 200 Meter lang in das Sandsteingebirge vorgetrieben wurden. Der sogenannte Stollen 21, bis dato ganz im Westen der Stollenanlage verlaufend, war der erste Stollen, der mit einer Länge von 460 Metern den gesamten Berg durchquerte. Insgesamt sollten 74 Parallelstollen und fünf Querstollen die unterirdische Me 262-Produktion aufnehmen. Zudem war ein Rundstollen um die gesamte Produktionsstätte geplant. Zu diesem Verkehrsstollen mit Schmalspur- und Normalspurbahn sollten 27 Zugänge in den Berg führen. Im späteren Verlauf der Untertage-Verlagerung waren noch mehr Zugänge, beziehungsweise Zufahrtsstollen geplant. Realisiert wurden jedoch nur acht Haupt-Stollen, sieben auf der Südseite des Berges und einer auf der gegenüberliegenden Seite. Dazu kamen noch die Stollenmundlöcher aus dem Altbergbau im Walpersberg, welche überwiegend im östlichen Drittel des Bergs lagen, sowie zahlreiche Blindstollen und Kammern zur Lagerung, deren Eingange rund um den Berg verteilt lagen.
Ungefähr drei Monate nach Baubeginn, am 25.06.1944 legte der Architekt und Oberbauleiter der REIMAHG, Ernst Flemming, einen vorläufigen Plan vor, der den derzeitigen Stollenvortrieb genau anzeigte, und nach dem die Stollen 1-20 die ersten Produktionseinheiten der Gustloff-Werke aufnehmen sollte. Eine erste bombensichere Teilproduktion der Messerschmitt-Flugzeuge war also somit gesichert. Ein Teil der fertig ausgebauten Stollen und Kammern war für die Unterbringung von Büros und Lagern vorgesehen. Während die Stollen 1-20 sich noch in dem Altbergbaubereich der ehemaligen Grube Großeutersdorf befanden, wurden die nun neu anzulegenden Stollen 21-36 im nächsten Bauabschnitt mit einem größeren Querschnitt projektiert. Die „kleineren“ Stollen sollten eine Breite von 6 Metern und eine Höhe von 4 Metern haben. Die großen Produktionshallen sollten bei Fertigstellung eine Höhe von 9 Metern und eine Breite von 15 Metern haben. Dieses sollten die Stollen 33 – 36, die zentralen unterirdischen Montagehallen sein.
Bei kompletter Bauausführung waren diese vier Kammern das Herz der U-Verlagerung Lachs, in denen alle Flugzeugteile und Baugruppen aus den anderen Montagestollen zusammen kamen und zum fertigen Flugzeug zusammengebaut wurden. Die beiden mittleren Kammern, Stollen 34 und 35, führten direkt nach übertage, in den sich am Südhang des Walpersberges befindlichen „Bunker 0“, in dem dann die Endkontrolle des Düsenjägers stattfand. Der Bunker Null hatte eine Größe von 100 mal 25 Metern und eine Wand- und Deckenstärke von 3 Metern Stahlbeton. Verschlossen war der große Luftschutzbunker mit Beton gefüllten Stahlschiebetoren. Zwei der Tore sind heute noch im Wald zu finden, wobei nur eine kleine Ecke aus den Trümmern der gesprengten Montagebunkern herausragt.
Foto: Stahlschiebetor mit Betonfüllung
Wir gigantisch das unterirdische Werk „Lachs“ werden sollte, geht aus den Daten der projektierten Produktionsflächen hervor. Die untertägige Fabrik sollte bei Fertigstellung eine Arbeitsfläche von 150.000 qm haben. Davon fielen allein 27.000 qm Produktionsfläche auf das Kernstück der U-Verlagerung, die Stollen 33-36. Hinzu kamen nochmal 50.000 qm Produktionsfläche in Luftschutzbunkern und Übertage-Anlagen. Somit war die U-Verlagerung Lachs mit einer Gesamtproduktionsfläche von etwa 200.000 Quadratmetern Fläche einer der größten geplanten Untertage-Verlagerungen im Dritten Reich. Das komplette Stollensystem im Walpersberg sollte eine Länge von 30 Kilometern erreichen. Etwa die Hälfte, also 15 Kilometer Stollenstrecke, war nach etwa einjähriger Bauphase gegen Ende des Krieges fertiggestellt und hatte auch schon die Produktion der Me 262 aufgenommen.
Foto: Riss bearbeitet
Wie bei fast jeder unterirdischen Fabrik waren neben den Stollenanlagen auch eine ganze Reihe von Tagesanlagen nötig um den reibungslosen Produktionsverlauf zu gewährleisten. Neben den überaus wichtigen Verkehrswegen wie Schmalspurbahn und Straßen, hatten die übertägigen Bauwerke der U-Verlagerung „Lachs“ eine Sonderstellung im Rüstungswesen, denn hier auf dem Walpersberg sollten die fertigen Flugzeuge ja direkt in den Einsatz starten.
Hinzu kamen auch noch eine ganze Reihe von Bunkerfabriken, teilverbunkerte Werkstätten, Magazine, untertägige und übertägige Lagerplätze und zwei Schrägaufzüge. Einer diente zum Materialtransport zwischen dem Reichsbahnanschluss in der Talsohle und den Stollenmundlöchern, der zweite Aufzug wurde für den Transport der Flugzeuge auf den Bergkamm, also zur Startbahn gebaut.
Rund um den Walpersberg wurde eine Ringstraße, die sogenannte Werkstraße, errichtet. Diese verband sämtliche Zugänge zur Untertageverlagerung und die Übertageanlagen miteinander. Die Werkstraße diente auch als Umschlagplatz für die Materiallieferungen zum Werk REIMAHG A. Die Werkstraße war am Südhang des Berges bereits mit Betonbelag versehen, während die restliche Wegstrecke eher einem Wirtschaftsweg glich. Die Zufahrtswege und ein Teil der Werkstraße wurden mit dem Ausbruch aus den Stollen angeschüttet, danach verdichtet und zum Schluss mit einer Betonschicht versehen. Doch aufgrund der Eile beim Bau der Straßen wiesen diese schon bald viele Schlaglöcher und Dellungen auf. Sämtlicher Lastenverkehr übertage wurde mit LKW´s und Handkarren bewerkstelligt. Der Stollenausbruch allerdings wurde mittels Loren von untertage nach übertage transportiert. Die Strecken der Feldbahngleise zogen sich über viele Kilometer rund um den Walpersberg entlang.
Stollen "Teddy"
Die vorläufige Planung des Werkes A sah fünf verschiedene Flugplätze rund um den Walpersberg vor. Jede dieser betonierten Startbahnen sollte eine Länge von 1.200 Metern und eine Breite von 30 Metern erhalten. Man ging von einer Montageleistung von 40 Flugzeugen aus, die die Untertage-Verlagerung täglich verlassen sollten. Doch aufgrund von dem Fehlen geeigneter ebenen Flächen im Saaletal rund um Kahla sah man von dem Vorhaben wieder ab und konzentrierte sich auf den flachen Bergkamm des Walpersberges. Obwohl es eine fragwürdige und technisch umstrittene Baulösung war, die Startbahn auf den Bergrücken zu verlegen, begann man sehr schnell mit der Umsetzung des Vorhabens. Zuerst wurde der Bewuchs auf dem Bergkamm vollständig gerodet. Dann erfolgten die Einebnung des Geländes. Ab August begannen die Arbeiter die Deckschicht des Berges zu entfernen um eine gerade Fläche zu erhalten. Diese Arbeiten wurden größtenteils mit Hacke und Schaufel ausgeführt. Die abzutragende Schicht war zwischen wenigen Zentimetern an der Nordkante des Berges, und bis zu vier Metern an der Südkante stark. Der höchste Punkt des Walpersberges (314,5 Meter über NN) war die Stelle, an dem der Schrägaufzug für die Flugzeuge oben ankam. Danach folgten die Planierungsarbeiten. Die gesamte Startbahn wurde auf einer Länge von 1.000 Metern und einer Breite von 30 Metern mit einer Betondecke versehen. Durch Anschüttungen von Gestein aus dem Stollenausbruch verlängerte man die Startbahn um noch rund 125 Metern. Diese Verlängerung des Flugplatzes blieb jedoch unbefestigt. Der Bau der Piste blieb nicht unproblematisch. Da die dringend benötigten Baumaschinen fehlten, wurde eine riesige Gruppe von Arbeitskräften zur Baustelle geordert. Deshalb kam es bei dem Planieren des Bergrückens zur einer noch nie vorher dagewesenen Konzentration von Arbeitskräften. Täglich arbeiteten um die 800 Personen auf dem Bergkamm. Die eingesetzten Arbeitskräfte bestanden größtenteils aus Kriegsgefangene aus Italien und der Sowjetunion. Die abgetragene Decke, bestehend aus festen eiszeitlichen Saaleschottern, wird mit einer Raummenge von 75.000 m³ angegeben. Für die Baumaßnahmen auf dem Bergrücken wurde an der Nordöstlichen Kante extra ein Bremsberg zum Materialtransport angelegt. Dieser hatte eine Länge von 420 Metern und endete ungefähr an der heutigen Ruine von Bunker 1. Die Planierungsarbeiten verliefen meist schleppend, woran das immer schlechter werdende Winterwetter schuld hatte. Auch größere Gesteinsplatten mussten vor dem Abtransport gesprengt werden.
Hierzu sollte noch kurz angemerkt werden: Für den Start der Messerschmitt 262 war die Startbahn viel zu kurz und unübersichtlich, so dass die Piloten sich nur auf die Starthilferaketen verlassen konnten.
Zwischen dem Niveau der Werkstraße vor den Stollenmundlöchern und der Startbahn auf dem Bergkamm musste ein Höhenunterschied von 85 Metern überwunden werden, um die Düsenjäger nach oben auf den Flugplatz befördern zu können. Die optimalste Lösung war ein eigens für diese Zwecke konzipierter Vier-Schienen-Schrägaufzug. Der unterste Teil des Aufzuges befand sich etwa 250 Meter westlich vom zentralen Montagebunker 0, neben der Werkstraße. Der Aufzug besaß eine waagerechte Plattform, welche direkt auf das Straßenniveau abgesenkt werden konnte. Der Steigungswinkel des Schrägaufzuges betrug 27°. Der Aufzug wurde mit Seilen bedient. Oben angekommen wurden die Flugzeuge von Hand von der Fahrstuhl-Plattform gezogen und von unten mittels einer Handpumpe vollgetankt. Die Grube von der Tankeinrichtung und die Reste der obereren Seilwinde des Aufzuges sind heute noch im Wald zu finden.
Der Treibstoff (Rohöl J2) wurde ebenfalls mit dem Lastenaufzug nach oben gebracht. Nachdem auch der Riedel-Anlasser-Motor für die Turbine betankt war erfolgte noch die absolut endgültige letzte Kontrolle des Flugzeugs. Der Ölstand wurde gemessen, das
elektrische Bordnetz wurde geprüft, der Anschluss der Startraketen getestet und ein Probelauf der Turbinen wurde durchgeführt. Erst nach dieser Prozedur wurde das Flugzeug weiter zur Startrampe gezogen und konnte abheben. Für die eben genannten Kontrollarbeiten war Werkmeister des Einflugbetriebes zuständig, der seinen Arbeitsplatz direkt an der Startbahn hatte. Dieser gab auch nach der etwa 15-Minütigen Prozedur das Flugzeug für den Start frei. Für die letzte Gesamtkontrolle seiner Maschine war allerdings der Pilot zuständig. Nachdem der Pilot seine Maschine in Startposition gebracht hatte startete er den Erstflug des Jägers in Richtung Flugplatz Zerbst bei Magdeburg, wo die Maschine für den endgültigen Einsatz mit Munition, Radar- und Funkgeräten ausgestattet wurde. Die Startbahn auf dem Walpersberg war das Ende der Produktionskette der U-Verlagerung mit dem Decknamen Lachs.
Bunkerruinen am Fuße des Walpersberges:
Begeht man heutzutage das ehemalige Gelände der REIMAHG-Werke, fallen einem sofort die riesigen Schutthalden und Betonwände auf. Dieses waren zur Zeit der Rüstungsstätte massive Hochbunker und verbunkerte Werksanlagen, welche nach dem Krieg allesamt gesprengt wurden. Es gab hier bombensichere Luftschutzbunker mit einer Wand- und Deckenstärke von drei Metern stahlarmierten Beton und einige Werkshallen, die auch mit einer Betonschicht ummantelt wurden, allerdings nicht als hundertprozentig Bombensicher galten. Hier folgt jetzt eine Kurzbeschreibung aller übertägigen Produktionsstätten am Fuße des Berges von Osten nach Westen.
Bunker 1:
Der am östlichsten liegende Luftschutzbunker hatte eine Abmessung von 100 x 14 Metern. Seine Wand- und Deckenstärke bestand aus drei Meter dicken Stahlbeton. In dem Bunker waren zwei Stollenmundlöcher, die in die unterirdischen Produktionsräume führten. Der Bunker 1 diente als Montagehalle für die Flugzeugrümpfe der Me 262. Die Stollen führten in das ehemalige Grubenfeld der Porzellansandgrube Großeutersdorf, dessen Stollen vergrößert und mit Beton ausgekleidet wurden. Der Bunker 1 wurde wie alle anderen Bunker auch nach Kriegsende gesprengt. Heute stehen noch ein Teil der Außenwände, ansonsten ist nicht mehr viel von dem ehemaligen Luftschutzbauwerk vorhanden.
Halle 3:
Zwischen den Bunkern 1 und 4 befand sich diese Montagehalle. Die Halle hatte eine Größe von 40 x 13 Metern und war nicht Bombensicher erbaut. Die Halle 3 beherbergte die Seilwindentechnik für den Schrägaufzug, der zum Materialtransport für die Baustelle diente. Auch diese Halle wurde zum Teil gesprengt. Einige Ruinen und die Windenkammer sind noch vorhanden.
Bunker 4:
Der imposanteste aller Bunker hatte die Form eines Tunnels. Der Bunker 4 hatte eine Länge von 100 Metern und eine Breite von 15 Metern. Er diente dem Tragflächenbau der Messerschmitt 262. Auch dieser Luftschutzbunker hatte eine Decken- und Wandstärke von 3 Metern Stahlbeton. Der Bunker hatte im Inneren zwei Zugänge in die Untertage-Verlagerung im Walpersberg. Er führte direkt in die Montagestollen 27 und 28. Auf dem Bunker 4 befand sich das zweigeschossige REIMAHG-Betriebsgebäude, welches auf Betonpfeilern stehen auf der Luftschutzanlage errichtet wurde. In dem Betriebsgebäude befanden sich diverse Büroräume, Speise- und Schlafräume, sowie in Kino und ein Versammlungssaal für 3.000 Personen. Auch von diesem Bunker ist nur noch Beton im Wald vorhanden.
Werkstatt 1:
Die Werkstatt bestand ebenfalls aus Stahlbeton und hatte eine Länge von 60 Metern. Die Breite betrug 10 Meter. In dem Gebäude befand sich das Stollenmundloch Nummer 30.
Von der Werkstatt 1 ist leider nichts mehr vorhanden.
Foto: Nix zu sehen
Bunker 0:
Dieser Bunker wurde in Hanglage erbaut und verschloss die beiden unterirdischen Endmontagestollen 34 und 35. Der Bunker 0 hatte eine Länge von 100 Metern und eine Breite von 25 Metern und war somit der größte Luftschutzbunker am Walpersberg. Der Bunker Null diente ebenfalls zur Endmontage der Düsenjäger. Heute erinnern noch einige Betonreste an den ehemaligen Montagebunker.
Werkstatt 2:
Die Werkstatt 2 wurde in Splitter- und Trümmerschutzbauweise errichtet und ist nicht mehr vorhanden. Heute befinden sich neuzeitliche Grabungsstellen auf dem Standort.
Bunker 2:
Der Bunker 2 war der westlichste Montagebunker auf der Südseite des Walpersberges. Auch er diente zur Endkontrolle der Flugzeuge. Der Bunker befand sich direkt neben dem unteren Ende des Schrägaufzuges in Richtung Startbahn für die Flugzeuge. Auch dieser Luftschutzraum hatte eine Decken- und Wandstärke von drei Metern und wurde nach Kriegsende gesprengt. Hier gibt es auch nur noch Beton im Wald zu sehen.
Halle 7:
Zusammen mit der Halle 8 lag die Halle 7 etwas außerhalb der eigentlichen Produktionsstätte. Beide Hallen dienten als Reparaturstätte für die gesamte Baustelle.
Halle 8:
(siehe Halle 7)
Halle 5:
Die Halle 5 befand sich direkt am Umschlagbahnhof der Baustelle „Lachs“ in Großeutersdorf. Die Halle war 100 x 20 Meter groß und diente der Materialvorsortierung und Aufbewahrung.
Halle 6:
Dieses Bauwerk lag an der gegenüberliegenden Seite, am Nordhang des Walpersberges. Die verbunkerte Halle besaß eine Größe von 100 x 20 Metern. In der Halle 6 war die Entwicklungsabteilung der Rüstungsfabrik untergebracht. In der Halle war das Mundloch von Stollen 28, welcher als erster den gesamten Walpersberg durchquerte.
Stollenmundloch im Walpersberg
Sämtliche Montagebunker besaßen ein abgeschrägtes, beziehungsweise rundes Dach. Diese Dachkonstruktion sollte bombenabweisend wirken. Zudem waren fast alle Übertageanlagen mit einem Tarnanstrich versehen worden. Die Abschrägungen waren jedoch viel zu flach ausgeführt, um die Bomben abgleiten zu lassen. Entgegen aller Ratschläge von Fachleuten bestand der Gauleiter Fritz Sauckel auf dieser sinnlosen Bunkerkonstruktion. Zu den großen Gebäuden kamen noch eine Vielzahl von kleinen Baracken, Bunkern, Unterständen und Bauhütten, die zwar alle noch zum Gesamtkomplex Reimahg A gehörten, aber hier nicht näher beschrieben werden. Die Reste davon sind heute noch zahlreich im Waldgebiet verstreut zu finden. In einigen der provisorischen Hütten waren die Werksleitung, das Bau- und Vermessungsamt, die Personalabteilung und die Poststelle des Werkes A untergebracht. Hinzu kam noch eine größere Baracke der Krankenabteilung, in der lediglich die Erste Hilfe der Verunfallten geleistet werden konnte. Die Behandlung von schwerst Verletzten und Operationen wurden nur im eigenst für diese Fälle erbauten REIMAHG-Krankenhaus im Neuen Schloss Hummelstein durchgeführt. Das Krankenhaus wurde im Oktober 1944 errichtet und war nur für die deutschen Arbeitskräfte gedacht. Die verletzten und kranken Zwangsarbeiter wurden in die Krankenbaracken im Schlosspark in Großeutersdorf gebracht. Dort war die medizinische Versorgung merklich schlechter als im Reimahg-Krankenhaus.
Um die gewaltige Anzahl von Zwangsarbeitern unterzubringen, wurden in Kahla zahlreiche Gebäude und private Unterkünfte beschlagnahmt. Zudem wurden mehrere Barackenlager in der unmittelbaren Umgebung von der U-Anlage „Lachs“ errichtet. Der Zustand in einigen Baracken-Lagern wird mit dem Begriff „katastrophal“ treffend beschrieben. Es fehlte allerorts an den einfachsten hygienischen Bedingungen, wie zum Beispiel funktionierende sanitäre Anlagen. Dieses Problem betraf nicht nur die Zwangsarbeiterlager, sondern auch die Unterkünfte der deutschen Facharbeiter. Das erste Zwangsarbeiterlager der Baustelle „Lachs“ wurde schon im April 1944 in Kahla errichtet. Dort wurden die ersten Zwangsarbeiter, bestehend aus rund 500 Italienern, untergebracht. Das Lager befand sich im Volkshaus Rosengarten in Kahla. Das Lager „Rosengarten“ war somit das erste Zwangsarbeiterlager der REIMAHG-Gruppe überhaupt. Insgesamt wurden im Laufe der Baumaßnahmen im Walpersberg acht Barackenlager (Lager 1-8) mit jeweils 1.000 Schlafplätzen für die ausländischen Zwangsarbeiter erbaut. Hinzu kamen noch weitere fünf Lager für die deutschen Arbeitskräfte (Lager A-E), welche die gleiche Größe wie die Lager 1-8 hatten. Dazu kamen noch eine Vielzahl von kleineren Unterkünften in Gasthöfen, Hotels und Bauernhöfen, die vornehmlich für die deutschen Facharbeiter und Bergmänner bestimmt waren. Während die Holz-Baracken der Zwangsarbeiter in der Bauausführung sehr schlicht gehalten wurden, waren die Unterkünfte der deutschen Arbeiter, zumindest im späteren Bauzustand, etwas komfortabler gestaltet. Sie bestanden zum Teil aus zweietagigen gemauerten Gebäuden. Zu jedem Lager gehörte eine Küchenbaracke, ein Gemeinschaftsraum, kleinere Werkstätten und ein eigens angelegter Garten. Das Lager 2 in Großeutersdorf bestand zum Beispiel aus 23 Wohnbaracken, zu denen noch eine Verwaltungsbaracke, eine Entlausungsstation in einem Steingebäude, eine Waschbaracke und drei Abortanlagen gehörten.
Die Lager A-E der deutschen Arbeitskräfte wurden allerdings bis zum Kriegsende nicht mehr vollständig ausgebaut. Aus diesem Grund wurden die deutschen Arbeiter zunächst auf verschiedenste Unterkünfte in Kahla und der näheren Umgebung verteilt. Da die REIMAHG über ein eigenes Wohnungsamt verfügte, nutzte sie ihre Machtposition schamlos aus und zwangsenteignete zahlreiche Wohnungen und Gebäude in Kahla und Umgebung. In Kahla wurde zum Beispiel die alte Schule besetzt und eine Fabrik beschlagnahmt. In die Schule zog die Verwaltung ein, und in die Fabrik wurden sogleich Wohnungen eingebaut, in denen etwa 150 Angehörige der SA, der Gestapo und der Organisation Todt Quartier bezogen. Für Gauleiter Fritz Sauckel wurde eigens am Südhang des Walpersberges ein Blockhaus errichtet.
Die gesamte Belegung der Baustelle „Lachs“ setzte sich aus deutschen und ausländischen Arbeitskräften zusammen, wobei sich jede der beiden Hauptgruppen jeweils wieder mehrfach unterteilte. Die Gruppe der deutschen Arbeitskräfte bestand zum einem Teil aus Facharbeitern von den jeweiligen Baufirmen und zum anderen Teil aus Personen, die verschiedensten militärischen Einrichtungen wie der Organisation Todt, dem Heer oder der Luftwaffe angehörten. Zudem kamen noch die Hilfskräfte, zumeist Jugendliche aus der einheimischen Region, die zu den Arbeitseinsätzen auf dem Bauprojekt „REIMAHG A“ zwangsverpflichtet wurden. Die größte Gruppe der ausländischen Arbeiter bestand aus Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen aus neuen verschiedenen Ländern.
Laut einer amtlichen Mitteilung vom 30.12.1944 beschäftigte die REIMAHG insgesamt 12.920 Personen auf der Baustelle Walpersberg. Die größte Gruppe der Arbeitskräfte war die Gruppe der Ausländer mit einer Belegschaft von 10.150 Beschäftigten. Die Anzahl der deutschen Arbeitskräfte belief sich demnach auf 2.770 Personen. Die größte Anzahl von Arbeitern war mit dem Bau der Untertage-Verlagerung, also mit dem Ausbau und dem Stollenvortrieb beschäftigt. In den unterirdischen Arbeitsstätten arbeiteten insgesamt 3.110 Personen, wovon 2.450 Menschen ausländische, und 660 Menschen deutsche Arbeiter waren. Die nächst größte Beschäftigungszahl von 3.000 Personen war mit dem Bau der Übertage-Anlagen wie die Bunkeranlagen beschäftigt. Von der übertage agierenden Arbeitsgruppe waren 2.400 Personen ausländischer Herkunft und die restlichen 600 Arbeiter folglich deutscher Herkunft. Die beiden kleinsten Arbeitsgruppen waren auf den Baustellen Werksbahn und Startbahn beschäftigt. Mit dem Ausbau der Startbahn auf der Bergkuppe waren insgesamt 960 Personen beschäftigt, wobei der Ausländeranteil bei 900 Personen lag. An dem Bau der Werksbahn waren 530 Personen beteiligt. Davon nur 30 deutsche Arbeiter, der Rest, folglich 500 Personen, waren ausländische Zwangsarbeiter. Mit der eigentlichen Fertigung der Me 262 war nur ein kleiner Teil der Belegschaft beauftragt. Dieser Arbeitsbereich war mit 1.700 Mitarbeitern belegt, wobei hier die Gruppe der deutschen Arbeiter eine Stärke von 600 Arbeitskräften hatte. Im Verhältnis gesehen waren in der Montage der Flugzeuge die meisten deutschen Arbeiter eingesetzt.
Insgesamt gesehen waren etwa 2.000 bis 3.000 deutsches Personal auf der Baustelle Lachs tätig, wobei schon die Funktionen als Vorarbeiter und Wachpersonal mit einbegriffen wurden. Die Mehrheit der Arbeitskräfte bestand ausländischen Zwangsarbeitern, wie bei anderen unterirdischen Rüstungsprojekten auch. In dem einem Jahr, in dem die Baustelle REIMAHG A bestand, haben hier rund 12.000 Zwangsarbeiter aus Belgien, Estland, Frankreich, Holland, Italien, Kroatien, Lettland, Polen, Slowenien und der Ukraine unter grausamsten Bedingungen arbeiten müssen.
Wie bei fast allen anderen Untertage-Baustellen im deutschen Reich auch, waren die Arbeits- und Lebensbedingungen der Zwangsarbeiter auf der Baustelle „REIMAHG A“ nicht gerade rosig. Neben der überaus schlechten und unzureichenden Ernährung und den miesen hygienischen Lagerbedingungen waren vor allen die schwere körperliche Arbeit und die Schikanen der Bewacher dafür verantwortlich, dass sich die Zwangsarbeiter in einem außerordentlich schlechtem Zustand befanden. Seelisch wie körperlich. Gearbeitet wurde in zwei Schichten, mit jeweils 10 Stunden Arbeitszeit. Bis auf jeden dritten Sonntag und die Weihnachtsfeiertage 1944, wurde jeden Tag, rund um die Uhr, egal welches Wetter gerade war, auf der U-Verlagerungs-Baustelle „Lachs“ gearbeitet. Die Frühschicht zum Beispiel wurde um 4.00 Uhr morgens durch die Lagerwache geweckt. Um 5.00 Uhr gab es Frühstück, meistens einen halben Liter Kaffee oder Suppe. Wobei der Kaffee und die Suppe (in diesem Fall Kohlsuppe) nicht mit den Speisen, wie wir sie kennen, zu vergleichen war. (siehe dazu auch den Bericht über die U-Verlagerung „Rebhuhn“ – hier auf unserer Seite.LINK) Danach folgte der Appell auf dem Lagerplatz, bei dem die Anwesenheit überprüft wurde und die Einteilung zu den einzelnen Arbeitsplätzen. Jede Arbeitskolonne musste um 7.00 Uhr an ihrer zugeteilten Arbeitsstelle sein, egal aus welchem Lager, oder Unterkunft sie kamen. Da einige Lager sehr weit vom Walpersberg entfernt waren, mussten einige Gruppen eine Strecke von bis zu 6 Kilometern in der kurzen Zeit zu Fuß zurück legen. Nachdem die Tagesschicht beendet war, wurde wieder ein Appell abgehalten, die dem die Zwangsarbeiter die Lebensmittelkarten für den nächsten Tag erhielten. Die Arbeitsgruppen kamen je nach Wegstrecke zwischen 18.00 und 20.00 Uhr völlig erschöpft in ihren Lagern an. Danach erfolgte die Essensausgabe bis 21.00 Uhr. Die Pflege der Schuhe und der Kleidung, sowie alle anderen persönlichen Dinge mussten ebenfalls bis 21.00 Uhr erledigt sein. Genauso straff organisiert war auch die Nachtschicht.
Das kärgliche Abendessen bestand aus Brot (375 Gramm) mit 50gr. Wurst oder Fett, manchmal auch Quark. Bis Dezember 1944 gab es zusätzlich noch eine Mittagspause von etwa 20 Minuten , in der es nochmals 1 Liter Suppe oder Kaffee für die Arbeitskräfte gab. Ab Januar 1945 wurde diese Mahlzeit jedoch wegrationalisiert. Auch die Rationen wurden gekürzt, so dass jeder nur noch 250 Gramm Brot zum Abendessen hatte.
Es gab zwei verschiedene Gruppen von Zwangsarbeitern in der U-Verlagerung Lachs. Die eine Gruppe war mit dem Ausbau der Untertage-Verlagerung beschäftigt, die andere Gruppe arbeitete schon in den bereits fertiggestellten Produktionshallen im Walpersberg. Demnach gab es leider auch Unterschiede in der Behandlung der Arbeitskräfte. Während die Arbeiter auf den Baustellen deutlich mehr an der Brutalität zu leiden hatten, und dass obwohl sie eh schon die schwerere Arbeit hatten, gab es hingegen bei den Arbeitskräften in der Fertigung kaum Bestrafungen und zum Beispiel auch keine Appelle. Genau andersrum verhielt es sich bei der Bezahlung. Alle Zwangsarbeiter der RHEIMAHG bekamen einen (lächerlichen) Lohn ausgezahlt und waren nach deutschem Recht sozialversichert. Doch nach den Abzügen für Unterkunft, Versorgung, Nebenkosten, etc. blieb ein kümmerlicher Nettolohn pro Monat über.
Der Bruttolohn für die Arbeiter in der Bauabteilung belief sich auf 0,64 Reichsmark pro Stunde. Bei dreißig Arbeitstagen pro Monat von jeweils 10 Stunden am Tag kann sich jetzt jeder selber ausrechnen, wie hoch der monatlich Bruttolohn für diese schwere Arbeit war. Nach den eben genannten Abzügen wurde noch etwa 50 – 90 Reichsmark am Ende des Monats ausgezahlt. Die Arbeiter auf den Produktionsstraßen im Stollen und in den Bunkern erhielten nur einen Stundenlohn von 20 – 23 Pfennige, so dass der ausgezahlte Betrag am Monatsende sich auf rund 20 Reichsmark belief.
Das Wachkommando, welches die Lageraufsicht führte, unterstand dem SS-Brigadeführer Karl Fromm und bestand zum größten Teil aus deutschen Wachleuten nebst einigen Ukrainern und Flamen. Deutsche Kolonnenführer waren für die einzelnen Arbeitsgruppen verantwortlich, während die Oberaufsicht von sogenannten Funktionären und Politleitern aus der SA (Sturm-Abteilung) und der DAF (Deutsche-Arbeiter-Front) geführt wurde.
Viele Menschen sind infolge des Bauprojektes REIMAHG A bis April 1945 gestorben. In den standesamtlich beurkundeten Sterbefällen ist von 991 Toten die Rede. Doch die Dunkelziffer wird um Einiges höher sein, da nicht alle Sterbefälle von Zwangsarbeitern ordnungsgemäß niedergeschrieben wurden. Da die Sterblichkeitsrate des Baustellenbereiches Lachs stetig anwuchs, vor allen in den letzten Kriegsmonaten Januar – März 1945, veranlassten die Verantwortlichen, die Kreisleiter Schöler und Schau, die Aufstellung eines eigenen Friedhofkommandos der Reimahg, welche bereits ab November 1944 einen eigenen Werksfriedhof bauen lies. Dieser Reimahg-Friedhof lag oberhalb des städtischen Friedhofs in Kahla.
Lost Place
Die Firma, die mit dem Bau der Stollen beauftragt wurde, war die Firma Dyckerhoff & Widmann AG. (Dywidag) Natürlich waren auch viele andere Baufirmen an dem Projekt beteiligt, aber hier geht es erst einmal um den Bau der Stollenanlage für die Endfertigung und Montage der Me 262 in Walpersberg.
Der Stollenvortrieb verlief nicht unproblematisch. Die größte Sorge beim Stollenbau bereitete das Sandsteingebirge, welches aus vielen kleinen unterschiedlichen Sandsteinschichten bestand, die immer wieder von Tonablagerungen durchzogen waren. Da es bis dato nur sehr wenige Bauprojekte in einem Sandsteingebirge gab, konnte man nicht auf Erfahrungen von anderen Stollenprojekten zurückgreifen. Immer wieder lösten sich Gesteinsmassen von der Firste beim Stollenvortrieb. Diese hatte besondere Abbaumethoden, die auf dieser Baustelle erst entwickelt werden mussten, zur Folge, so dass sich der Vortrieb und der Ausbau der Stollen merklich verzögerte, so dass wiederum die vorprojektierte Bereitstellung der unterirdischen Produktionsräume zeitlich nicht eingehalten werden konnte.
Die Ingenieure der Firma Dywidag betraten hier technisches Neuland, indem sie vor allem in den neuen großen Produktionshallen zunächst einen Firststollen und drei Pilotstollen auf der Sohle vortrieben. Die drei unteren Pilotstollen befanden sich in der Mitte und an den beiden Stößen der zukünftigen Kammern. Von dem Firststollen aus wurde danach beidseitig die Kalottenwölbung bis auf die endgültigen Stöße aufgeschlitzt, mit Schalung ausgebaut und mit Beton hinterfüllt. Diese Bauweise der Stollen verhinderte das Hereinbrechen und Nachrutschen der lockeren Tonschichten im Walpersberg. Erst dann konnte der gesamte Stollenquerschnitt heraus gesprengt und von oben nach unten ausgebrochen werden. Dieses Ausbruchverfahren glich zwar der Kernbauweise, wie sie im traditionellen Tunnelbau auch angewendet wurde, nur war sie für die geologischen Verhältnisse im Walpersberg modifiziert worden. Nach einer Aussage des verantwortlichen Bauleiters der Firma Dyckerhoff und Widmann war diese Stollenbauweise zwar unpraktisch, doch waren die erzielten Ergebnisse beim Baufortschritt überraschender Weise sehr gut.
Am 14.07.1944 führten die Herren der Bergamtes Saalfeld und des Oberbergamtes Clausthal-Zellerfeld eine Befahrung der Baustelle „Lachs“ durch. Ziel war es die Vortriebsleistung und den Baufortschritt der Untertage-Verlagerung zu dokumentieren. Laut dem daraus entstandenen Gutachten geht hervor, dass auf jedem Stollenvortrieb eine tägliche Leistung von 7 Metern am Tag erbracht wurde. Dieses Ergebnis galt allerdings nur für die Stollen der Komponenten-Bauabteilung der Messerschmitt-Werke, die einen Querschnitt von 5 x 6 Metern hatten. Die großen Montagehallen in den Stollen 33 – 36 erreichten dementsprechend weniger Vortriebsleistung pro Tag. Sie verzeichneten eine durchschnittlichen Stollenvortrieb von 1 – 2 Metern pro Arbeitstag. Insgesamt waren 35 untertägige Stollenvortriebe im Bericht belegt. Mit dem Hereinbrechen des Winters 1944/1945 verlangsamte sich das Tempo beim Bau der U-Verlagerung Lachs.
Ein großes Problem beim Stollenbau im Walpersberg war die Wetterhaltung. Es gab nämlich so gut wie gar keine. Da es zunächst keine einheitlichen Pläne zur Bewetterung der Stollensysteme gab und der untertägige Durchschlag vom Süd- zum Nordhang, der für eine natürliche Bewetterung der Stollen sorgen sollte, noch nicht hergestellt war und in ferner Zukunft lag, zogen die Schießgase nach den Sprengungen erstmal unkontrolliert durch die Stollen. Infolge von falsch gesetzten Prioritäten seitens der Oberbauleitung der REIMAHG, lagen die schon länger vorhandenen Ventilatoren zur Wetterhaltung zunächst auf der Werkstraße herum und warteten auf den Einbau in die Stollenanlage. Die Folgen waren zum Teil unerträgliche Arbeitsbedingungen auf der Baustelle, welche von der Bauleitung erstmal ignoriert wurden. Aus einem Schreiben vom 18.09.1944 vom Bergamt Saalfeld geht hervor, dass die schlechten Wetterverhältnisse, besonders im Ostfeld stark kritisiert wurden und zur Abhilfe gemahnt wurde. Das Bergamt Saalfeld empfiehlt dringendst zuerst den Durchschlag zum Nordhang vorzutreiben, um die Baue mit einem natürlichen Luftzug auszustatten.
Im Walpersberg waren viele Firmen und Arbeitsgruppen gleichzeitig mit dem Stollenvortrieb und den Ausbauarbeiten der Stecken beschäftigt. Alle dieser Gruppen arbeiteten unter Termindruck Tag und Nacht auf der Baustelle. Und alle dieser Gruppen mussten den Sandstein sprengen um ihre Arbeitsleistung einigermaßen zu erfüllen. Man kann sich also gut vorstellen, welche klimatischen Bedingungen in dem weitverzweigten Stollensystem ohne auszureichende Bewetterung vorherrschten. An den sogenannten stehenden Wettern im Stollen litten also alle. Aus einem weiteren Protokoll des Bergamtes vom 06.10.1944 geht hervor, dass die sich im Vortrieb befindlichen Stollen zum größten Teil überhaupt nicht bewettert werden und der Nebel von den Schießschwaden im Stollen steht. Aufgrund der Tatsache, dass die einzelnen Stollen nicht im endgültigen Querschnitt vorgetrieben werden, konnten laut Bauleitung noch keine Wetterhaltungsanlagen eingebaut werden, da sonst die Lutten bei der Erweiterung der Strecken im Wege wären. Ebenso weist das Bergamt Saalfeld in dem Protokoll darauf hin, dass aufgrund der fehlenden Bewetterung die Gesundheit der Bergleute ernsthaft in Gefahr sei und auch die Vortriebsgeschwindigkeit dadurch beträchtlich gehindert werde. Für die Planung und den Bau der Wetterhaltungseinrichtungen waren die Firmen Caliqua Wärmegesellschaft mbH aus Berlin und die Netzschauker Maschinenfabrik verantwortlich. Beide Unternehmen unterlagen der REIMAHG-Werke.
Obwohl schon in einigen Stollenabschnitten die Produktion auf Hochtouren lief, gelang es erst ab Dezember 1944, nach über einem halben Jahr Bauzeit, die Wetterverhältnisse in der Lachs-Stollen einigermaßen in den Griff zu bekommen. Die erste Wetterhaltungseinrichtung wurde im Ostfeld des Berges, dort wo die Messerschmitt-Werke schon am Produzieren waren, eingerichtet. Durch Wetterlutten mit einem Durchmesser von 50 Zentimetern (OT-Baumaß für Untertage-Verlagerungen) wurde mittels Ventilatoren, die sich im Stollenmundloch befanden, Frischluft in die Produktionsstollen gedrückt. Außerdem wurden die beiden Stollen 23 und 27 durchschlägig, so dass auch endlich eine natürliche Bewetterung der Stollen eintrat. Weitere Verbesserungen in der Wetterführung sollte noch der Bau des zentralen Lüftungsschachtes bewirken.
Dieser Wetterschacht war gebrochen angelegt, dass heißt, dass er zum Teil seiger und zum Teil tonnlägig durch das Gebirge führt. Der zentrale Wetterschacht hat eine Teufe von 59 Metern und endete genau zwischen den Altbergbaustollen und dem Stollenneubau im Ostfeld im Walpersberg. (in Stollen Nummer 10) Auf dem Schachtkopf war ein bombensicherer Betonklotz angebracht, in dem die Frischluftventilatoren eingebaut waren. Zwar wurde auch dieser große Betonklotz nach dem Krieg gesprengt, was seine heutige Schräglage erklärt, doch wurde der Schacht noch bis vor einigen Jahren von Schwarzbefahrern genutzt, um die die Stollenanlage im Walpersberg zu gelangen. Danach wurde der Wetterschacht verfüllt.
Schachtkopf auf dem Walpersberg
Hufeisennasen
Das Ostfeld in der U-Verlagerung Lachs bestand aus den Stollen 1 – 36, wobei die vier großen Hallen die westlichste Begrenzung des sogenannten Ostfelds darstellten. Dieses war auch der Bereich der unterirdischen Produktionsstätte, welcher bis Bauende im April 1945 am weitesten fertiggestellt war. Das gesamte Ostfeld war für die Messerschmitt AG bestimmt, die in weiten Teilen der bombensicheren Anlage bereits die Produktion aufgenommen hatte. Das Westfeld, die Stollen 37 – 74, bestand im April 1945 nur aus einigen Blindstollen, welche zwischen 10 und 100 Meter lang waren und ohne irgendwelche Ausbauten oder Einrichtungen im Sandsteingebirge endeten. Diese Stollen im Westfeld sollten nach Fertigstellung auch an andere Firmen vermietet werden. Doch zurück zum Ostfeld.
Der untertägige Nutzungsbereich der Messerschmitt-Werke belief sich im April 1945 auf 84.400 qm Produktionsfläche, wobei der größte Teil mit 27.000 qm sich in den Stollen 33 – 36 befand. Die restliche Produktionsfläche verteilte sich folgendermaßen in dem Stollensystem: 22.000 qm Arbeitsfläche fielen auf die komplett ausgebauten Stollen 21 – 28, in der umgebauten ehemaligen Porzellansandgrube waren 15.000 qm vorhanden, in dem nördlich angegliederten Stollensystem war eine Fläche von 11.500 qm bezugsfertig und der kleinste Teil der Untertage-Verlagerung mit einer Größe von 10.900 qm befand sich in den noch nicht fertiggestellten Stollen 29 – 32 im Walpersberg.
Direkt nachdem eine Produktionskammer oder ein Stollenabschnitt fertig ausgebrochen und mit Ausbau gegen Steinschlag ausgekleidet war, sofern der Stollen nicht im standfesten Gebirge stand, folgte der Spezialausbau und die Einrichtung der jeweiligen Fabrikationsanlagen und Werkstätten in die Stollen. Die Montage der Me 262 – Baugruppen in der unterirdische Rüstungsfabrik erfolgte größtenteils durch gelieferte Normteile, die zum größten Teil vom Hauptwerk der Messerschmitt AG an die U-Verlagerung „Lachs“ geliefert wurden. Aber auch von anderen Werken wurden Bauteile zur Anlage REIMAHG A geliefert. So auch von der weit entfernten Firma Homann aus Wuppertal, welche die ebenfalls unterirdisch gefertigten Rumpfspitzen der Me 262 an die U-Verlagerungen „Lachs“ und „Schneehase“ auslieferte. (siehe dazu auch den Bericht über die U-Verlagerung „Kauz“ – hier auf unserer Seite.LINK) In die Stollen 1 – 32 wurden verschiedenste unterirdische Bereiche eingerichtet. Neben den Materiallager-, Unterkunfts- und Verwaltungsräumen wurden auch zahlreiche Werkstätten für die Feinmechanik in die Stollen eingebaut. Hinzu kamen noch eine unterirdische Klempnerei, ein Maschinenhaus, eine Tischlerei, eine Sattlerei, eine Schmiede sowie drei Glühöfen zur Me 262-Teileproduktion. Alle diese Produktionsbereiche waren entweder komplett mit Ziegelsteinen ausgemauert oder mit einer Spritzbetonschicht gegen den herabrieselnden Sand abgesichert. Die Stollenausmauerung durch rote Ziegelsteine hatte eine Stärke zwischen 25 und 50 Zentimetern. Zu den Magazinen für Bleche, Farben und Hölzern kam noch eine zentrale Versorgungseinrichtung für das Personal, welche aus einer vollständig gefliesten Betriebsküche, einem Speisesaal und den dazugehörigen sanitären Anlagen wie Waschräume und Toilettenanlagen bestand. Aber auch hier war die Wetterhaltung bis Kriegende völlig unzureichend. Nach Beendigung der Bauarbeiten rund um die Untertage-Verlagerung „Lachs“ wurden 45 Stollenmundlöcher gezählt, welche in den Walpersberg führten. Einige von den Mundlöchern endete allerdings nicht allzu weit blind in dem Berg. Andere hingegen hatten einen beachtlichen Querschnitt und waren im Eingangsbereich mit einem starken betoniertem Ausbau versehen. Das betonierte Mundloch von Stollen 1 zum Beispiel verfügte über ein Flaschenzuggerüst aus Stahl. Da der Stollen 1 als Hauptzufahrt für das gelieferte Material diente, war das Gerüst zum Be- und Entladen der Grubenbahn gedacht.
Neben der Reimahg-Bauleitung oblag die technische Oberaufsicht über das Bauvorhaben „Deckname Lachs“ bei der Organisation Todt. Die Ingenieure der OT verschafften sich von Zeit zu Zeit einen Überblick der Situation vor Ort, indem sie die Baustelle in regelmäßigen Abständen besuchten. Besonders der Bau der Luftschutzbunker wurde von der OT kontrolliert, da diese in Form von Plänen auf den Zeichentischen der OT-Büros entstanden waren. Auf der Baustelle Startbahn (Das war damals ein Kahla Berg!) wirkten auch Baukommandos der Luftwaffe mit, welche eigens dafür von Hermann Göring im Mai 1944 zur schnellen Fertigung der Luftwaffenbauten abkommandiert wurden. Der Leiter für Rüstung und Kriegsproduktion, Reichsminister Albert Speer, besuchte das Bauprojekt „Lachs“ nie persönlich, forderte allerdings immer die neuesten Meldungen und Fotos an, welcher er dann Adolf Hitler vorlegte, um den aktuellen Bauzustand zu dokumentieren. Der Namensgeber allerdings, Reichsmarschall Hermann Göring, stattete seinem Werk A am 10.10.1944 einen Besuch ab. Begleitet wurde er von Karl Otto Saur, dem Chef des Jägerstabes und einem Stellvertreter von Rüstungsminister Albert Speer. Hermann Göring hielt vor versammelter Belegschaft eine Rede und war sehr zufrieden von dem Baufortschritt seiner Untertage-Verlagerung, was er nach seinem Besuch auch in der Berliner Reichskanzlei zu Protokoll gab.
Der verantwortliche Architekt der REIMAHG-Bau-Gesellschaft war Ernst Flemming. Er und sein Stellvertreter Architekt Bräunlich waren für sämtliche Außenanlagen rund um den Walpersberg verantwortlich. Dazu gehörten auch die Lagerbauten und das Krankenhaus Hummelshain. Wie in diesem Textblock anfangs schon erwähnt, war für den Stollenvortrieb und den Ausbau der Rüstungsstollen die Firma Dyckerhoff und Widmann verantwortlich. Neben der Firma Dywidag waren noch eine Vielzahl von Spezialfirmen damit beschäftigt, eine so große Stollenanlage in den Walpersberg zu treiben. Aus einem Schreiben der REIMAHG vom 14.07.1944 geht hervor, dass zum derzeitigen Zeitpunkt rund 700 Mann mit dem Bau der Stollenanlage beschäftigt waren. Davon 60 gelernte Bergmänner aus den Steinkohlerevieren Saarland und Aachen. Natürlich war diese Anzahl von Bergleuten für ein Großprojekt wie Lachs völlig unzureichend. Doch Facharbeiter im Stollenbau waren zu der Zeit Mangelware, denn auch auf den anderen rund 500 Baustellen für unterirdische Industrieverlagerungen im Reichsgebiet wurden die Bergmänner dringend benötigt. Da allein auf der Stollenbaustelle „Lachs“ an 35 Vortrieben gleichzeitig, und das Tag und Nacht, gearbeitet wurde, fehle es vor allem an Fachleuten, die mit den bergmännischen Stollenvortrieb vertraut waren und das fachgerechte Bohren und Sprengen in den Stollen durchführen, beziehungsweise leiten konnten. Nach einer Befahrung im Walpersberg durch Jägerstabschef Karl Otto Saur, Gauleiter Fritz Sauckel und Oberberghauptmann Gabel vom Reichswirtschaftsministerium Berlin am 18.09.1944 wird in einem Protokoll vermerkt, dass auf Bitten des Gauleiters Sauckel dringend weitere bergmännische Aufsichtspersonen und Vorarbeiter auf der Baustelle Reimahg A benötigt werden. Kurz vor Weihnachten, im Dezember 1944, kamen weitere 60 dienstverpflichtete Bergmänner am Werk A an. Diese stammten aus dem Ruhrgebiet, von der Steinkohlenzeche Haniel in Bottrop. Neben der Hoch- Tiefbaufirma Dyckerhoff und Widmann AG, welche ihren Hauptsitz in dem fränkischen Nürnberg hatte, war noch die Firma Haniel und Lueg für den Stollenvortrieb im Walpersberg verantwortlich. Nach einer Aussage des verantwortlichen Bauleiters der Firma Dywidag waren rund 50 verschiedene Firmen an dem Bau der Stollen beteiligt. Sämtliche Untertagearbeiten wurden laut Berggesetz von den zuständigen (Ober-) Bergämtern überwacht. Doch nicht nur die Aufsicht unterlag den Bergämtern, sondern auch in der fachlich kompetenten beratenen Funktion stand das Bergamt für die jeweiligen Baufirmen bereit. Die Hauptaufgaben lagen somit in der Auskunft und Beratung über die Standfestigkeit des Gebirges, über die Dimensionierung der Sicherheitspfeiler und über die möglichen Querschnitte der untertägigen Produktionsstollen und Kammern.
Das Endziel des Reimahg-Projektes war es, pro Monat 1.000 Strahljäger vom Typ Messerschmitt Me 262 in der Produktionsstätte Lachs herzustellen. Doch davon war man bei Kriegsende noch sehr weit entfernt. Das lag zum einen daran, dass das erste geplante bombensichere Komplettproduktionswerk der Me 262 noch lange nicht fertiggestellt war, und zum anderen daran, dass erst am 17.10.1944 die endgültige Entscheidung zur Verlagerung der Me 262-Produktion gefällt wurde. Zuvor war der Walpersberg für die Fertigung der TA 152 und der FW 190 bestimmt worden, was allerdings nach einiger Zeit wieder verworfen wurde. Für die Firma Focke-Wulf aus Bremen wurden Mitte 1944 zwei große Bunkerfabriken im Süddeutschen Raum erbaut. (U-Verlagerungen „Weingut 1“ und Weingut 2“) Die unterirdische Produktion der TA 152 sollte weiterhin im Walpersberg stattfinden, im Stollenneubau „Westfeld“ der Anlage Lachs.
Am 21.02.1945 gegen 13.35 Uhr startete die erste Me 262, die in der U-Verlagerung „Lachs“ zusammengebaut wurde, von der Startrampe auf dem Bergkamm aus zu ihrem Jungfernflug. Der Pilot des Strahljägers war Oberfeldwebel Gerd Fricke vom Oberkommando der Luftwaffe aus Dedelsdorf bei Celle. Gerd Fricke war ein erfahrener und sicherer Pilot, so dass im der komplizierte Start ohne Probleme gelang. Das Flugzeug flog eine große Kurve über das Saaletal und verschwand unter dem lauten Surren der Turbinen in dem blauen Himmel in Richtung Zerbst. Der erste Start auf dem Walpersberg wurde natürlich groß gefeiert und die Kriegsberichterstatter filmten das ganze Schauspiel um es für die Nachwelt zu erhalten.
Befahrerteam "Lachs"
Bereits im Juli 1944 bekamen die Alliierten in London die Meldung, dass bei Kahla eine unterirdische Rüstungsfabrik entstehen soll. Der erste Aufklärungsflug vom 15.08. lieferte erste Fotos und Beweise. Doch war zunächst der Zweck der Baustelle völlig unklar. Die Vermutungen tendierten in Richtung einer weiteren V-Waffen-Produktionsstätte im Walpersberg. Nach weiteren Aufklärungsflügen gelang es am 25.12.1944 detaillierte Fotos von der Baustelle am Walpersberg zu schießen und diese auszuwerten, so das nun auch der Zweck der Bauaktivitäten erkannt wurde. Die unterirdische Flugzeugfabrik bei Kahla wurde danach zum Objekt höchster Wichtigkeit eingestuft. Doch die Alliierten hatten es nicht besonders schwer die Baustelle zu enttarnen. Das lag vor allem daran, dass entgegen den allgemeinen Tarnvorschriften, auf eine Tarnung der Baustelle „Lachs“ fast vollständig verzichtet wurde. Zahllose Scheinwerfer und andere Lichtquellen erhellten nachts den Walpersberg, so dass deren Lichtkegel schon von weitem aus sichtbar waren. Hinzu kam noch der kahle Bergrücken mit der Startbahn, welche komischerweise genau in Richtung London angelegt war. Verantwortlich für diese fahrlässige Unterlassung der Tarnung war Gauleiter Fritz Sauckel persönlich. Doch die eigentliche Gefahr für die Baustelle war bekanntlich nicht die Entdeckung, sondern die daraus resultierende Bombardierung der Baustelle. Zugegeben, die Beschädigungen durch Bomben hätten dem unterirdischen Teil der Anlage nicht viel anhaben können, aber die Schäden übertage hätten den weiteren Bau von Lachs erst mal zum Erliegen gebracht, oder zumindest um einige Zeit verzögert.
Die Engländer dachten schon über die Bombardierung des Walpersberges nach. Während einer Diskussion im Stabsquartier Medmenham wurde darüber nachgedacht, auch den Walpersberg mit schweren Kalibern, wie den Bomben Tall-Boys oder Grand-Slam, zu bombardieren. Diese Supersprengbomben hatten bei der Bombardierung der V-Waffen-Stellungen in Frankreich schon gute Wirkung gezeigt, so dass die Bunker und Stellungen nach dem Angriff unbrauchbar für die Deutschen waren. Doch die Anlage Lachs blieb bis Kriegsende verschont. Die lag zum einen, dass genaue Kenntnisse über die U-Verlagerung Lachs fehlten, dass die Frontlinie bereits zu diesem Zeitpunkt schon an der Grenze zu Thüringen stand und dass die Alliierten das hoch begehrte Objekt „REIMAHG A“ am liebsten unversehrt in Besitz nehmen wollten.
Die Bevölkerung in Kahla und der Umgebung hatte also großes Glück, dass ihnen das Schicksal anderer Städte, in denen sich untertägige Rüstungsfabriken befanden, erspart blieb. So wurde zum Beispiel noch acht Tage vor Kriegsende die thüringische Stadt Nordhausen von den Alliierten so schwer bombardiert, dass fast 9.000 Menschen, darunter 1.000 Zwangsarbeiter, ihr Leben verloren. Der (sinnlose) Angriff galt übrigens der U-Verlagerung „Mittelwerk“ im Kohnstein, die nebenbei bemerkt nach diesem Angriffen vom 03 und 04. April keinerlei Schäden zu verzeichnen hatte. (siehe dazu auch den Bericht über die U-Verlagerung „Mittelwerk“ – hier auf unserer Seite.LINK)
Die U-Verlagerung „Lachs“ wurde am 12.04.1945 am Nachmittag von den Amerikanern eingenommen. Sie fanden das Werk A verlassen, bzw. Menschenleer vor. Sämtliche Betriebsangehörige und Zwangsarbeiter waren geflüchtet. Auch der größte Teil der Akten wurden entweder verbrannt oder ist bis heute verschollen...
Fux
Zum Abschluss:
Die ehemalige U-Verlagerung „Lachs“ bietet dem interessierten Besucher noch eine Menge an übertägigen Resten, welche einen guten Eindruck von dem gigantischen Bauprojekt der Nazis vermitteln. Zwar wurden die Bunkeranlagen und die Stollenmundlöcher gesprengt, aber dennoch vermitteln die Ruinen im Wald einen guten Eindruck über den wahnwitzigen Plan der Nazis, wie sie in allerletzter Sekunde noch versucht haben die deutsche Rüstungsindustrie bombensicher unter die Erdoberfläche zu verlagern.
Der Geschichts- und Forschungsverein Walpersberg e.V hat einen Teil des Geländes gekauft und mit wertvollen Hinweistafeln liebevoll gestaltet.
Die ehemaligen unterirdischen Stollen der U-Verlagerung Lachs und die des Kaolinbergwerks werden heute vom Bergamt Clausthal-Zellerfeld betreut und sind für „Normalbürger“ nicht mehr zugänglich. Auch eine Ausnahmegenehmigung zur Erkundung der Stollensysteme ist nicht zu bekommen.
Wann Sömmerda?:
Vor Ort: Bergmann, Bunkersachse, Dr. Klöbner, Eismann und Lampe
Herbergsvater und Exkursionsleiter: Bunkersachse
Fotografen: Bergmann, Dr. Klöbner und Eismann
Lichttechnik und Hauptbeleuchter: Lampe
Bericht und Recherche: Eismann
Onlinestellung und Bearbeitung: Eismann
© untertage-übertage.de, Mai 2011 // u-verlagerungen.de 2021// zehn jahre später
Vielen Dank und „huka-tschaka-töff-töff“ an Bunkersachse für die Exkursion und die Infos
Danke und Grüße auch an Markus Gleichmann, dem Experten vor Ort.
Interessierte wenden sich bitte an den Geschichts- und Forschungsverein Walpersberg e.V.
Internet: www.reimahg.de oder www.walpersberg.com
Adresse:Geschichtsverein Walpersberg e.V., Dorfstraße 7, 07768 Großeutersdorf
Telefon: 036424-78723
Der Verein betreibt ein Dokumentationszentrum mit vielen Ausstellungsstücken, Modellen und historischen Fotos in Großeutersdorf und bietet auch Führungen vor Ort an.
Glückauf und bis zur nächsten U-Verlagerung...
© Eismann