U-Verlagerung Rogenstein - Geilenberg-Projekt Dachs 7 / C3g
Geplante unterirdische Schmierstoffe-Produktionsstätte im Dritten Reich
Wie bei allen Großprojekten, welche für das Geilenberg-Programm zur Sicherung der Benzin,- Öl,- und zur Schmierstoffherstellung geplant und gebaut wurden, sollte auch das Projekt "Dachs 7" in einen Stollenneubau vor Bomben geschützt errichtet werden. Ingendwo in Sachsen wurde ab August 1944 damit begonnen, das gigantische Stollensystem für das Geilenberg-Projekt "Dachs" in den Berg zu treiben. Die untertägigen Anlagen mit dem Tarnnamen "Dachs" waren für die Herstellung von Paraffin und Schmieröle für Maschinen und Motoren bestimmt. Die unterirdische Fabrik hatte eine Überdeckung von 50 Metern Kalksandstein und sollte bei Fertigstellung eine Größe von 40.000 qm Produktionsfläche haben. Deckname für die Stollenanlage war "Rogenstein", passend zum Decknamenschema des Reichsministeriums für Rüstung und Kriegswirtschaft. Zusätzlich zu den Decknamen "Rogenstein" für den Stollenneubau und "Dachs 7" für die Raffinerie gab es im Stab Geilenberg noch den Projektnamen "C3g" für die geplante Untertage-Verlagerung. Das "C" steht dabei für Chemische Industrieverlagerung, die "3" bezeichnet das Projekt Dachs und das "g" steht für den siebten Buchstaben im Alphabet. Bauherr für die Raffinerie unter Tage war die OT-Einsatzgruppe Dresden unter der Leitung von Professor Rimpel und Direktor Simmet vom Geilenberg-Stab, welcher die Planung der Untertage-Verlagerung übernahm. Da die U-Verlagerung "Rogenstein" wegen dem Kriegsende nicht fertiggestellt wurde, befindet sich heute nur eine relativ kleine Stollenanlage in dem Kalkberg. Lediglich fünf parallele Stollen (Stollen A-E) wurden bis Kriegsende vorgetrieben. Die Querverbindungen (Produktionsstollen) wurden teilweise auch schon hergestellt, nur die hohen Kammern waren noch nicht ausgeschossen. Das fertige Stollensystem der U-Verlagerung "Dachs 7" sollte aber aus 14 Parallel-Stollen (Stollen A-N) und 30 Kammern bestehen. So die Planung der Organisation Todt. Der Stollenneubau wurde also nur zu ca. 10% fertig gestellt. Die U-Verlagerung "Rogenstein" hatte die Baunummer 5106 und die Kosten der Untertage-Fabrik waren mit 8.200.000 Reichsmark veranschlagt. Geologische Voruntersuchungen im Kalksteingebirge wurden, wie bei vielen anderen Untertage-Verlagerungen auch, von Professor Schriel von der Universität Göttingen durchgeführt.
Eines der wichtigsten Industriezweige innerhalb der Kriegsmaschinerie wärend des Zweiten Weltkrieges war die Mineralölindustrie. Ohne Benzin, Öl, usw. läuft nichts. Bis Mitte 1944 waren alle Raffinerien und Hydrierwerke im Deutschen Reich den ständigen Fliegerangriffen der Amerikaner und Engländer ausgesetzt. Die Flugzeugtreibstoff-Fabriken und Raffinerien in Gelsenkirchen, Castrop-Rauxel, Hamburg, Leuna, Pölnitz und auch anderswo wurden zwischen dem 12 und dem 28 Mai 1944 systematisch angegriffen und fast zu 90 % durch Bomben zerstört. Als Gegenmaßnahme wurde innerhalb kürzester Zeit ein sogenannter Sonderstab für Sofortmaßnahmen innhalb des Mineralölsektors im Dritten Reich gegründet. Dieses wird auch schon in anderen Berichten über das Geilenberg-Programm und deren Verlagerungs-Programm hier auf dieser Seite ausführlich erklärt. Deshalb hier nur mal ganz kurz, zur Auffrischung so zu sagen, nochmals die Fakten. Leiter des Geilenberg-Progamms wurde der ehemalige Leiter des Hauptausschusses Munition Edmund Geilenberg – Nach ihm wurde das Geilenberg-Programm, der sogenannte Mineralölsicherungsplan im Juni 1944, auch benannt. Technischer Berater des Geilenberg-Programms wurde Dr. Karl Krauch, der Chef des Konzerns IG Farben (Wuppertal). Das Geilenberg-Programm bestand im wesentlichen daraus die zerstörten Anlagen der Mineralölindurtrie wieder aufzubauen, und zwar bombensicher in Steinbrüchen und Stollenanlagen. Kleinanlagen sollten überall im Reich in versteckten Steinbrüchen errichtet werden. Die großen Hydrierwerke und Raffinerien sollten in bombensicheren Stollensystemen untergebracht werden. Doch kaum ein Grubenfeld eines Bergwerks war geeignet solche große Maschinen aufzunehmen. Deshalb wurden vor allem für die Hochdruckhydrieranlagen und unterirdischen Raffinerien neue gigantische Stollenanlagen in alten Gips-, Kalk-, und Sandsteinbrüchen aufgefahren. (Geilenberg-Projekte Schwalbe, Eber, Dachs, Steinbock, Kuckuck, usw.) Dazu gehörte auch die hier vorgestellte U-Verlagerung Rogenstein. Insgesamt waren 10 unterirdische Produktionsanlagen vom Typ „Dachs“ geplant.
In einem Sandsteinbruch bei Pirna (Sachsen) sollte die U-Verlagerung "Rogenstein" in den Berg getrieben werden. Die 30 – 40 Meter hohe Steilwand im Steinbruch war ideal für den Bau der Untertage-Verlagerung, denn schon nach wenigen Metern Stollenstrecke war die natürliche Bombensicherheit gegeben. Die Vorarbeiten für die unterirdische Schmierlölanlage begannen ab August 1944. Betreiber der fertigen U-Verlagerung "Dachs 7" sollte die Deutsche Gasolin AG aus Berlin-Charlottenburg sein. Die geplante Nutz,- und Produktionsfläche der Chemie-Verlagerung "C3g" sollte bei Fertigstellung 40.000 Quadratmeter betragen. Am 05.12.1944 waren die Planungen und die übertägigen Vorarbeiten (Schmalspurbahn, Baubüro, usw.) abgeschlossen, so dass mit dem Bau der Stollen im Steinbruch begonnen werden konnte. Nachdem die ersten Arbeitskräfte aus dem KZ Flossenbürg im neu errichteten Aussenkommando "Dachs VII" eingetroffen waren, begann der Stollenvortrieb am 10.01.1945. Die geplante untertägige Raffinerie "Dachs 7" sollte am 01.09.1945 in Betrieb gehen. Es war also eine Bauzeit von nur acht Monaten vorgesehen. Doch nach nur etwas über drei Monaten wurde die Baustelle am 15.04.1945 abrupt beendet und die Zwangsarbeiter aus dem Lager evakuiert. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden bereits rund 5.000 qm Stollen und Kammern im Berg fertig gestellt. Hinzu kam noch das Normalspur-Anschlussgleis mit Verladerampe von der Baustelle "Rogenstein" zur Bahnstrecke Pirna, welches ebenfalls schon fertig war. Die geplante Dachs-Anlage sollte bei Fertigstellung die Produktionsrückstände von jeweils 3.000 Monatstonnen aus den Übertage-Verlagerungen "Ofen 19/20" und "Ofen 21/22" zu Schmierölen verarbeiten. Also eigentlich ganz genauso wie bei den anderen Dachs-Verlagerungen auch.
Einige Verlagerungen vom Typ "Ofen" findet ihr hier auf der Seite unter der Rubrik "übertage" – hier
Die Stollenanlage "Dachs 7" sollte aus 14 parallel verlaufenden Stollen (Stollen A-N) bestehen - es sind allerdings nur 5 Stück (Stollen A-E) vorgetrieben worden. Diese Stollen sollten mit Produktions-Kammern im Inneren des Berges verbunden werden. Da das Gebirge als überwiegend "standfest" vom Gutachter Professor Schriel eingestuft wurde, war keinerlei Ausbau in der Untertage-Verlagerung vorgesehen. Ausnahme waren die Fahrstollen, welche vor Allem beim Vortrieb mit einem Türstock versehen wurden. Ebenso eventuelle Störungszonen und die großen Hallen im Inneren des Berges, in denen eine starke Hitzeentwicklung zu erwarten war, sollten eine Ausmauerung der Stöße und Firsten erhalten. Ausserdem waren Betonverkleidungen in den Eingangsbauwerken der Stollenanlage vorgesehen. Zur Entstaubung und Belüftung der U-Verlagerung "Rogenstein" waren Wetterschächte von den höchsten Firstpunkten aller Kammern geplant. Die Entlüftungsschächte waren mit Bombensack und beim Austritt über Tage mit einem botonierten Überbau geplant. Aber all dieses wurde in der kurzen Bauzeit natürlich nicht mehr realisiert.
Die unvollendete U-Verlagerung "Rogenstein" wurde im Jahre 1947 von den Sowjetischen Besatzern geprengt. Die Stollenmundlöcher stürzten ein, jedoch wurde das Stollensystem nicht vollständig zerstört. Die Sprengungen setzten den Stollenausbau in Brand, so dass ein mehrtägiger Schwelbrand in den Stollen entstand. Noch heute kann man eine dicke Rußschicht erkennen, womit die Stollen, Stöße und Firsten überzogen sind. Die fünf Zugangsstollen wurden zunächst durch eine exakt geplante Sprengung der Roten Armee unbrauchbar gesprengt und verschlossen. Im Inneren des Berges wurden mehrere Eisenbahnwagons voll mit Sprengstoff deponiert und daraufhin gezündet. Die Sprengung war so gigantisch das sich ein Teil des Berges anhob und dann herunterrutschte. Die ehemaligen Stollenmundlöcher A-E der Untertage-Verlagerung sind heutzutage kaum noch auffindbar. Über den Stollenmundlöchern sind in dem Steinbruch bis in 30 Metern Höhe noch Risse und Spalten der damaligen Sprengung zu sehen. Diese Risse ziehen sich durch das gesamte Deckgebirge, bis hin zum Tal, durch den Sandstein. Vorsicht - das Klettern ist hier lebensgefährlich. Für ein geplantes NVA-Projekt wurde im Jahre 1981 ein Suchstollen aufgefahren um die unterirdischen Räume der ehemaligen U-Verlagerung "Dachs 7" zu erkunden. Man traf auch auf die Stollenanlage "Rogenstein" und beräumte diese grob. Doch das Deckgebirge und die Stollen wurden als zu instabil angesehen, so dass das Objekt der NVA im gegenüber liegenden Berg erbaut wurde. Nach der Inspektion der U-Verlagerungs-Stollen wurde der Erkundungsstollen mit einer Betonplombe versehen und wieder zugeschoben. Die ehemalige U-Verlagerung "Rogenstein" ist also seit 40 Jahren nicht mehr zugänglich. Ausserdem befindet sie sich auf einem Privatgrundstück und kann ohne Genehmigung nicht betreten und erkundet werden...
In eigener Sache:
Siehe auch Dachs 1 (U-Verlagerung Para) und Dachs 4 (U-Verlagerung Basalt) hier auf der Seite.
Dort gibt es unter Anderem mehr Informationen zum Geilenberg-Projekt "Dachs"
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Text: Eismann // Fotos: Svenska
Danke und Grüße an Martin, Rene, und Tom aus Sachsen - auf ein baldiges Bierchen...