U-Verlagerung „Schneehase“ – Werk „REIMAHG B“
Eines der größten Erzbergwerke in Thüringen war die Grube Vereinigte Reviere Kamsdorf. In der Grube Vereinigte Reviere Kamsdorf wurde in letzten dreihundert Jahren überwiegend Brauneisenstein und Spateisenstein, aber auch Kupfer und Silber abgebaut. Zwar wurde der Erzabbau unter Tage im Jahre 1958 eingestellt, aber die Zeche ist heute immer noch Aktiv. Im Großtagebau Kamsdorf werden heute noch Baustoffe und Düngekalkmergel abgebaut.
Hunte und Mitnehmer im Altbergbaubereich der Gube Kamsdorf
An einem schönen, sonnigen Tag trafen wir uns mit dem Team Bunkersachsen auf dem Parkplatz mitten in den gut erhaltenen und gepflegten Tagesanlagen der Grube. Wir waren mit zwei Fahrzeugen angereist. Unser Leitwagen hatte uns zuvor durch die abenteuerlichsten Strecken und Wege im Thüringer Wald gelotst, die eigentlich nur für den Forstbetrieb, wenigstens aber nur für Geländefahrzeuge geeignet waren. Auf dem Bergbauparkplatz warteten wir noch auf Helmut, unseren Grubenführer, und auf einen weiteren Exkursionsteilnehmer aus Jena. Als unsere heutige recht große Gruppe vollzählig war, schlazten wir uns an, kontrollierten noch einmal unsere Ausrüstung und gingen in das Museum. Hier gab es schon viel theoretisches Fachwissen über den Bergbau zu hören und einige wertvolle Altbergbaurelikte zu bestaunen. Danach gingen wir zum Stollenmundloch, in welchem wir auch nach einigen Fotos und einem saftigem „Glückauf“ verschwanden.
Stecke mit Gestänge im Übergangsbereich zwischen Altbergbau und U-Verlagerung
Die Erzgrube Vereinigte Reviere Kamsdorf – ein stillgelegtes Bergwerk mit über 100 Kilometern Gängen und Strecken verteilt über 3 Sohlen. Wenn man will, (oder auch nicht will) kann man sich dort sehr gut verlaufen. Ein kleiner Teil davon ist heute ein Besucherbergwerk, ein anderer Teil wurde ab 1944 zur unterirdischen Rüstungsfabrik umgebaut. Und von diesem Teil handelt auch dieser Bericht.
Die Jägerstab-Verlagerung „Schneehase“ – Untertage-Projekt „REIMAHG B“
Zusammen mit Nordrhein-Westfalen wurden im Bundesland Thüringen die meisten unterirdischen Rüstungsfabriken gegen Ende des Zweiten Weltkrieges geplant und errichtet. Größtenteils aber sind die U-Anlagen im Rohbauzustand liegen geblieben. Nur wenige haben schon produziert, standen kurz davor, oder hatten mit einer vorläufigen Teilproduktion begonnen. So auch im thüringischen Großkamsdorf im Kreis Saalfeld, dem Ort, an dem sich die hier präsentierte Untertageverlagerung befand.
Die Decknamen des Verlagerungsbetriebs lauteten „Reimahg B“ und „Schneehase“. Der Deckname „Schneehase“ (Säugetiername - siehe auch Startseite Untertage-Verlagerungen) rührt daher, dass das Untertageprojekt in der Anfangsphase zunächst nur durch mehrere Schächte aus dem Bergwerksbetrieb erreicht werden konnte, ohne viele Kilometer Umwege in Kauf nehmen zu müssen. Später bestand die Haupteinfahrt zur U-Verlagerung aus einem betonierten Eisenbahnstollen und einem neu angelegtem tonnlägigen Schacht. Doch dazu kommen wir weiter unten im Bericht noch einmal.
Unter der Objektnummer 81, vergeben von der OT-Einsatzgruppe 4, sollte ein vorhandener untertägiger Hohlraum zur Rüstungsfabrik umgebaut werden. Genauer gesagt waren es sogar drei verschiedene, räumlich voneinander getrennte Kammern, Abbaufelder und Stollensysteme, die zur U-Verlagerung „Schneehase“ im Berg eingerichtet werden sollten. Die Lage im Thüringer Wald war vor allem auch oberirdisch wie geschaffen. Das Erzbergwerk lag sehr landschaftlich, abseits von den Städten, mit sehr guter natürlicher Tarnung, bestehend aus Wäldern, Wiesen und Feldern. Die Untertageverlagerung sollte in die offengelassenen Hohlräumen, größtenteils Pfeiler-Kammerbau in dem Erzbergwerk Groß-Kamsdorf eingebaut werden. Der vorhandene und geeignete untertägige Hohlraum ließ den Bau von einer 120.000 bis 150.000 qm großen Fabrik für Flugzeugteile zu.
Das eigentliche Werk „Reimahg B“ sollte bei Fertigstellung eine unterirdische Produktionsfläche von 80.000 qm haben. So war es zumindest vorgesehen. Baulich erreicht wurde gegen Kriegsende allerdings nur die Hälfte der geplanten Größe, also 40.000 m² Produktionsfläche. Davon standen rund 2/3, also gut 30.000 m² Arbeitsfläche, im April des Jahres 1945 in Produktion. Am 1. Januar 1945 wurden die ersten 20.000 m² unterirdische Fläche mit Produktionseinheiten belegt. Gegen Ende März wurden noch einmal 10.000 m² bereit gestellt.
versteinerte Zementsäcke in der U-Verlagerung Schneehase
Die bombensichere (naja) Überdeckung der unterirdischen Fabrik von 15 bis 50 Metern bestand aus Silurschiefer, ein durchlässiges schwachklüftiges Sedimentgestein.
Das Bedeutet, dass die Anlage nirgends für schwere und schwerste Bomben genügend überdeckt war. Das wurde allerdings bewusst in Kauf genommen, denn man musste sich den Grubengegebenheiten anpassen, außerdem ging man davon aus, das dieser Zustand von außen kaum zu merken sei.. Die drei einzelnen Produktionsstätten waren unter Tage sehr weit und unregelmäßig verteilt, so dass auch im schlimmsten Falle nur mehr oder wenig große Teilschäden eintreten könnten.
Für die Belegschaft standen insgesamt 8 Zugänge in das Werk „Schneehase“ bereit. Diese waren bis zu 2,5 km voneinander entfernt. Bei einer Überdeckung von weniger als 30 Meter Deckgebirge waren im Inneren der Stollen Zerschellerplatten unter der Firste geplant. Doch diese wurden nirgends eingebaut. Die Schächte sollten einen bunkerähnlichen Überbau von 4 Meter starken Eisenbeton erhalten. Die neuen Eingangsstollen sollten mit einer 2,5 Meter mächtigen Betonauskleidung versehen werden. Dieses geschah allerdings nur am und in dem Hauptzufahrtsstollen, welcher zum unterirdischen Bahnhof der U-Verlagerung „Schneehase“ führte. Dieser Stollen ist heute mit einer Betonplombe versehen und der Untertage-Bahnhof steht teilweise unter Wasser.
Wie vorhin schon erwähnt lag die Eingangssicherung der Untertage-Verlagerung im überwiegendem Teil aus der natürlichen Beschaffenheit der Landschaft, in der sich das unterirdische Geheimprojekt befand. Oberirdisch befanden sich nur ein paar Bauernhäuser in der dünn besiedelten Waldlandschaft. Durchzogen wurde das Areal nur von einigen Wirtschaftswegen und kleineren Straßen. Dennoch gab es einige Teil- und Einzelangriffe durch die Alliierten auf die Reimahg-Verlagerung. Von den sechs Luftangriffen, wovon zwei als Hauptangriffe gelten können, gingen nur geringe Schäden aus, ohne dass der Betrieb im Wesentlichen gestört wurde. Die Schäden würden nur an den Außenanlagen verursacht und konnten binnen kürzester Zeit wieder behoben werden.
Die Entwässerung der Anlage stellte bereits vor dem Umbau keinerlei Probleme dar. Es gab genügend tieferliegende Grubenbaue, in denen das Wasser einfach abgeleitet werden konnte. Die unteren Sohlen des Bergwerks besaßen einige gut funktionierende Wasserlösestollen, welche das Bergwerk teilweise noch heute entwässern.
Ebenso locker wurde die Ableitung der Fäkalien geplant: Die unterirdische Rüstungsfabrik sollte über eigene Aborträume verfügen, diese wiederum sollten mit kleinen Rohren einfach mit den Wasserlösestollen verbunden werden, um die Fäkalien der Arbeiter einfach und sauber aus dem Bergwerk zu entsorgen. Aus den Augen, aus dem Sinn, und der Wasserlösestollen wird dann ganz schnell zum Fäkalienlösestollen.
Etwas mehr problematisch war da schon die Wetterhaltung. Das Bergwerk hatte eine weitgehend natürliche Bewetterung in der obersten Sohle, doch diese reichte für das unterirdische Jägerprogramm bei weitem nicht aus. Ein neues Bewetterungssystem zur Ableitung von Maschinenhitze und zur Frischluftzufuhr sollte also geschaffen werden. Diese Wetterhaltungseinrichtungen waren Anfang 1945 zwar im Ansatz vorhanden, doch reichten sie niemals für eine Vollproduktion des Reimahg-Werkes aus. Wie bei anderen U-Verlagerungen auch, war die Wetterhaltung der Stollen eines der größten Probleme, mit denen die Erbauer zu kämpfen hatten. Oftmals lag es lediglich an Transportschwierigkeiten, Materialknappheit und Lieferengpässen. Keine Maschinen, keine Ventilatoren, keine Lutten, kein Wetter. Aber so schlimm war es in der U-Verlagerung „REIMAHG B“ nicht. Da es sehr viel ungenutzte Nebenräume wie Abbaukammern und Strecken gab, die für die Fertigung nicht gebraucht wurden, reichte die weitgehend natürliche Frischluftversorgung der Grube Großkamsdorf schon fast aus um die ersten Produktionseinheiten mit guten Wettern zu versorgen. Nur die Luftumverteilung musste mittels Notventilatoren innerhalb der Produktionsstätte gewährleistet werden.
Gebaut wurde die U-Verlagerung „Schneehase“ durch die Organisation Todt. Das Ingenieurbüro und die örtliche Bauleitung stammten von der OT-Einsatzgruppe IV (Kyffhäuser), welche unter der Leitung der Hauptstelle in Berlin fungierten.
Hauptaufgaben der „Amt Bau-OT“ unter der Leitung von Chef-Ingenieur Min. Dir. Xaver Dorsch folgende Punkte:
Erkundung der unterirdische Räume
Bautechnische und maschinenbautechnische Beratung bei der Einplanung
Technische Plandurchführung und Steuerung der Ingenieurbüros
Überwachung der technischen Planung während der Baudurchführung
Steuerung der der tunnelbautechnischen Belange bei der Planung und Bauausführung mit Einschalung von Spezialisten für Sonderaufgaben
Bearbeitung bergbaulicher Fragen
Normung der bautechnischen Ausführung und der maschinellen Ausrüstung (Heizung, Belüftung, Wasser, Sanitär)
Die eigentlichen Umbaumaßnahmen lagen zum Teil auch in der Hand der REIMAHG-Bau GmbH. Extra zu diesem Zwecke wurde die REIMAHG-Gruppe innerhalb der Gustloff-Werke als Tochterunternehmen gegründet. (REIMAHG = Reichsmarschall Hermann Göring) Reichsmarschall Hermann Göring war der Chef der deutschen Luftwaffe und unterstand Albert Speer, dem Reichsminister für Rüstung und Kriegswirtschaft und Chef des sogenannten „Jäger-Stabs“ im Deutschen Reich.
Die REIMAHG-Gruppe wurde bereits im August 1943 gegründet. Im Einvernehmen zwischen Hermann Göring, dem Namensgeber der Gruppe und der OT-Einsatzgruppe Kyffhäuser, wurde der Thüringer Gauleiter Fritz Sauckel Leiter der REIMAHG-Baugesellschaft. Da die REIMAHG allerdings schon mit dem Bau der U-Verlagerung „Lachs“ voll ausgelastet war, übertrug sie das Bauvorhaben „Schneehase“ komplett an die Organisation Todt, welche quasi in Eigenregie, allerdings unter der Schirmherrschaft der Reimahg-Bau GmbH mit dem Bau begonnen hat. Es gab noch eine weitere REIMAHG-Verlagerung in Thüringen. Dieses war der Stollenneubau „Pikrit“, oder auch Werk REIMAHG C, welcher in einem Gips-Steinbruch bei Krölpa vorgetrieben wurde.
Der geologische Sachverständige, der die Voruntersuchungen der Umbaumaßnahmen in der Grube Kamsdorf durchführte, war der Landesgeologe der Ortsgruppe Thüringen.
Die Firmen, die die eigentliche Umbauarbeiten in den Stollen durchführten, waren größtenteils örtliche Handwerksbetriebe. Zu ihren Aufgaben gehörten die Betonierarbeiten, das Anlegen von Entwässerungsgräben, sowie die Installation von Anlagen zur Entwässerung und Bewetterung. Ebenso wurde eine Heizung eingerichtet, die im späteren Betrieb, wenn durch die laufenden Maschinen viel Abwärme entstanden wäre, zu einer Kühlanlage umgerüstet worden wäre.
Die Umbauarbeiten in dem Stollensystem gingen recht zügig voran.
Die Sohle in den Produktionskammern wurden mit einer 10-20 cm Thurament-Zementbeton belegt. In den wichtigsten Räumen fand eine Teeroberflächenbehandlung der Fußböden statt. Die Stöße wurden mit einem „Torkret“-Bewurf versehen und soweit es möglich war mit Dykerhoff-Weiss, ansonsten mit einfachem Kalkanstrich möglichst mit Leimzusatz gestrichen. Dieses diente zur Erhöhung der Helligkeit in den Stollen und zur Verminderung des Wasserzuflusses. Die Produktionsräume wurden mit Stempeln, ähnlich wie im Bergbau, ausgestattet. Auf die Stempel wurden Holzdächer erbaut, so dass eine Art Raum im Raum entstand. Dieses Verfahren kam in vielen Untertageverlagerungen zum Einsatz und diente vornehmlich zur Abhaltung von Feuchtigkeit von den Fertigungsräumen. Das Dach wurde mit Dachpappe versehen und war sogar so stark, dass es dem Splitterschutz, ähnlich wie in Bunkeranlagen, diente. Diese Deckenabstützung konnte kleinere Steinschläge, wie zum Beispiel beim Austrocknen der Firste durch die Produktionswärme vorkommen konnten, abhalten. Zur Kontrolle der Stollenfirste wurde ein kleiner Zwischenraum frei gelassen, welcher gut mittels Leitern und Stegen zu erreichen und zu begehen war.
Beton im Bergwerk
Eismann unter Tage
Pfeiler-Kammer-Bau in Thüringen
Flugzeugteile - Produktionsschrott der U-Verlagerung Schneehase im Bergwerk
Das Stollensystem „Schneehase“ wurde für die Firmen Junkers Motorenbau (JuMo) und der Messerschmitt AG ausgebaut. Beide Firmen gehörten dem sogenannten „Jägerprogramm“ des Reiches an. Das Untertage-Projekt diente als Reimahg-Vorwerk für die Motorenherstellung der Messerschmitt Me 262, dessen Rüstungsprodukte zur Endmontage in das Reimahg-Hauptwerk „Lachs“ bei Kahla geliefert wurden.
Bereits am 29.08.1944 besuchte Fritz Sauckel das Kamsdorfer Revier. Der Leiter des Jägerprogramms war auf der Suche nach neuen geeigneten Hohlräumen in Thüringen, welche man zur U-Verlagerung nutzen könnte. Nur einen einzigen Tag später befahl er bereits den Ausbau der Erzgrube zur kriegswichtigen Verlagerung. Viele Firmen stellten darauf hin die Anträge bei der Rüstungsinspektion, doch sie wurden aber alle abgelehnt. Den Zuschlag bekam komischerweise der Jägerstab des Rüstungssofortprogramms.
Die Planung der U-Verlagerung „Schneehase“ begann am selben Tag, an dem die erste Besichtigung durch die OT und dem Landesgeologen stattfand. Am 20.09.1944. Der Baubeginn erfolge nur wenig später, und zwar am 01.10.1944. Die Inbetriebnahme des Reimahg-Werkes B fand am 01.01. des Jahres 1945 statt, wo ein Teil der Untertage-Verlagerung mit der Produktionsfläche von 20.000 qm für die Fertigungsmontage freigegeben wurde. In diesem Teilbereich wurden überwiegend BMW Jumo 004 Anlasser für die Messerschmitt 262 hergestellt. Die Fertigung der Anlasser und anderer Teile für den Strahljäger Messerschmitt Me 262 sollte im Taktstraßen - System erfolgen. Danach folgten gegen Ende März noch einmal 10.000 m² fertiggestellte Arbeitsfläche und weitere 10.000 qm standen zu diesem Zeitpunkt in Vorbereitung. Diese Fertigungsfläche war für die Firma Homann aus Wuppertal vorgesehen, dessen Auslagerung aus dem Scheetunnel (Deckname Kauz) noch im April 1945 teilweise vollzogen wurde. Die Firma Homann stellte zuvor Rümpfe der Messerschmitt 262 in dem Schee-Tunnel her, die wie auch die Motoren aus der U-Anlage Schneehase an das Endmontagewerk mit dem Decknamen „Lachs“ geliefert wurden. Doch weiter geht’s mir dem Umbau und der Verkehrssituation:
Betonierte Sohle im Altbergbau
Die Ausgangsverkehrssituation rund um das Bauvorhaben „Schneehase“ sah während der Planung und beim Baubeginn wie folgt aus:
Die geplante U-Verlagerung war durch zwei verschiedene Strecken mit der Reichsbahn zu erreichen. Die Durch- und Zufahrt durch das gesamte untertage-übertage-System wird mittels 90-Zentimeter Schmalspurgleise gewährleistet, welche werksseitig schon vorhanden sind. Diese Schmalspurbahn verbindet Magazine, Produktionshallen und verläuft praktisch durch das gesamte Stollensystem des Bergwerks. Übertage müssten nur noch einige kleine Umschlagbahnhöfe erbaut werden. Doch diese lagen gut getarnt im Wald, dasselbe gilt für die Gleisanlagen, welche sich ebenfalls gut geschützt sich in der Natur befanden und von keinem feindlichen Aufklärer zu entdecken sind. Übertage sollten zum Materialtransport Diesel- Und Dampfloks zum Einsatz kommen. Untertags kam ebenfalls eine Diesellok zum Einsatz. Vorgesehen war der unterirdische Eisenbahnverkehr mittels einer Elektrolok auf einer Spurweite von 60 Zentimetern, wobei die Gleise direkt in den neu zu erstellenden Sohlenboden aus Beton mit eingegossen werden sollten. Die Gleise wurden teilweise schon verlegt, doch die Elektroloks konnte wegen irgendwelcher Schwierigkeiten nicht geliefert werden, so dass im Untertagebereich mit ebenfalls mit Dieselloks rangiert und gefahren werden musste, welches nicht gerade zur besseren Wetterflucht im Stollen beitrug.
Des weiteren erreichte man die U-Verlagerung „Schneehase“ über zwei verschiedene Zufahrten, Landstraßen erster Ordnung, welche in einer Entfernung zwischen 5 und 10 Kilometern das Bergwerk mit zwei wichtigen Reichsstraßen verband Die Reichsautobahn war 35 Kilometer entfernt. Also konnte das Verlagerungsprojekt „Reimahg B“ auch sehr gut mit Lastkraftwagen oder Ähnlichem erreicht werden. Erwähnt werden muss noch, dass die Straßen nahezu frei von Gebäuden war, was natürlich die natürliche Tarnung noch mehr begünstigte. Frei nach dem Motto: Wo keine Häuser sind, da ist auch nichts.
Der vorhin schon erwähnte Hauptumschlagbahnhof unter Tage mit bombensicherer Überdeckung von 35 bis 40 m Deckgebirge sollte neben der Betonauskleidung auch einen Eingangsbereich erhalten, welcher mit einem provisorisch errichteten Bauernhaus getarnt werden sollte. Der Eingangsbereich, also das Stollenmundloch, befand sich nicht sehr weit entfernt, etwa 50 Meter, von dem unterirdischen Bahnhof. Bis auf die Betoneinfassung am Stollenmund wurden allerdings von den eben genannten Tarnvorrichtungen keine mehr erbaut.
Auch die beiden Schleppschächte, die tonnlägigen Schachtneubauten, welche mit einem 20 Tonnen-Aufzug ausgestattet wurden, sollten bei Fertigstellung mit einem unscheinbaren Bauernhaus abgetarnt werden. Die Schächte wurden abgeteuft, doch die rustikale Tarnung blieb abermals auf der Strecke, sprich sie wurde nicht mehr errichtet. Die tonnlägigen Schächte waren auch für den Materialtransport gedacht und hatten einem Querschnitt von vier mal drei Metern. Die Schächte sind heute verfüllt, aber noch vorhanden. Die Bauzeit für einen Schachtausbau war nur mit 10 Tagen projektiert. Dieses klappte natürlich in den Planungsentwürfen der Organisation Todt, die Realität sah etwas anders aus. Trotz einer Bauzeit von gut fünf Monaten waren die Schächte gerade mal im Rohbau fertig.
Für den Umbau der U-Verlagerung „Schneehase“ wurden natürlich mal wieder reichlich Zwangsarbeiter benötigt und verheizt. In einem Gutachten von Oktober 1944 heißt es: Es sind reichlich Unterkünfte in 5 bis 10 Kilometer Entfernung vorhanden, in landschaftlich schöner Gegend, an bestehende Orte angeschlossen. Der Abtransport kann mittels Kleinbahn und Omnibussen geschehen. Doch wir wissen genau, wie die Wirklichkeit aussah, oder? Die Zwangsarbeiter haben nichts von der Thüringer Waldlandschaft mitbekommen, egal ob landschaftlich reizvoll gelegen oder nicht. Es regierte der harte Lageralltag mit all dem Misshandlungen, Unterdrückungen, bis in den Tod. Ich will in diesem Bericht auch nicht auf die Schicksale der armen Menschen eingehen. (siehe auch U-Verlagerungen Rebhuhn oder Mittelwerk) Wir machen hier ganz nüchtern mit einigen Zahlen weiter:
Für die Anlage Reimahg B betonierte Abbauhalle im Bergwerk Kamsdorf
Am Tag des Baubeginns der Reimahg-Anlage, also am 01.10.1944, betrug die Belegschaft 200 Mann. Genau einen Monat später waren es schon 800 Personen, die an diesem Rüstungsprojekt arbeiteten. Am ersten Dezember 1944 bestand die Belegschaft aus 1.000 Arbeitskräften. Einen weiteren Monat später verdoppelte sich die Belegschaftsstärke noch einmal. Die letzte Eintragung datierte auf den 01.02.45, an diesem Zeitpunkt waren 4.000 Mann auf der Baustelle beschäftigt. Die Unterkünfte befanden sich auf dem Werksgelände übertage im Wald, in zwei stillgelegten Fabriken und in neu erbauten Barackenlagern in den umliegenden Ortschaften.
Das Reimahgwerk B wurde Anfang April eiligst verlassen, denn kurze Zeit später hatten die Amerikanischen Truppen Kamsdorf erreicht und umstellten die geheime Rüstungsfabrik der Deutschen. Zunächst zögerten die Alliierten mit der Inbesitznahme, da sie nicht wussten, was sie genau in diesem riesigen Stollenlabyrinth erwartete. Es wurde mit Sprengfallen oder ähnlichen Überraschungen gerechnet. Schließlich wurde die unterirdische Fabrik doch inspiziert und alle brauchbaren Gegenstände beschlagnahmt. Sämtliche Unterlagen und Teile der Messerschmitt-Technologie waren gefragte Beutestücke der Amerikaner. Nach dem Abzug der Amis übernahm die Rote Armee den Raum Thüringen und somit auch die ehemalige U-Verlagerung "Schneehase". Doch viel war nicht mehr übrig. Nachdem auch noch die kläglichen Reste entfernt waren, begannen die Russen mit dem systematischen Sprengen der Untertageverlagerung. Die Sprengladungen wurden in allen drei Rüstungsbereichen an die Stützpfeiler angebracht und gezündet. Doch der erwünschte Erfolg blieb aus, denn das Grubensystem war so groß, dass die meisten unterirdischen Explosionen verpufften und keinen großartigen Schaden anrichteten, geschweige denn die Stollen zum gewünschten Einsturz brachten.
Im Zuge des kalten Krieges sollte 1984 in die ehemaligen Rüstungsbereiche der Grube Kamsdorf ein Luftschutzbunker für 10.000 Personen entstehen. Doch über das Planungsstadium ging der geplante Bunkerbau nie hinaus.
Heute ist die stillgelegte Erzgrube ein Besucherbergwerk, welches am 07.10.2001 zum ersten mal zur Grubenfahrt einlud. Im Zuge einer Befahrung, egal ob zu Fuß oder mit der Grubenbahn, kann auch neben dem herrlichen Altbergbau mit seinen vielen wertvollen Relikten ein ehemaliger Rüstungsbereich der U-Verlagerung "Schneehase" besichtigt werden. Und das war jetzt ein Befehl meinerseits an euch, liebe Leser. Ich mache jetzt hier Feierabend, den Rechner aus und ihr macht euch schnellstmöglich auf den Weg zum Besucherbergwerk Vereinigte Reviere Kamsdorf und unterstützt das feine Museum...
Glückauf, Eismann
Reste von Schmalspurgleisen in der ehemaligen U-Verlagerung Schneehase
Unvermeidliches Abschlussdedöns:
Dieser Bericht wurde zusammengeschnitzelt von Olly Eismann
Die bunten Bilder zur Auflockerung des Textes stammen von Bergmann und Eismann
Vielen Dank und Glückauf an Helmut
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