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U-Verlagerung "Uhu" // U-Verlagerung "Rabe 1"


In unserem waldreichsten Bundesland, Hessen, kurz hinter der Grenze von NRW, befindet sich dort wo die Autos "Lustige Deutsche Kennzeichen" (LDK) front- und heckseitig mitführen, mitten in einem waldreichen Wandergebiet der Rabenscheider Tunnel. Der Eisenbahntunnel liegt auf der mittlerweile stillgelegten Bahnstrecke Breitscheid-Haiger, welche auch unter dem Namen "Balkanexpress" bekannt war. Baubeginn der Strecke war im Mai 1914. Die 12,3 Kilometer lange Nebenstrecke wurde am 15.05.1939 eröffnet, wobei ein Teilabschnitt schon ab dem 15.12.1926 befahren wurde. Doch bevor die gesamte Strecke zum Verkehr freigegeben werden konnte, musste noch ein Tunnel durch Berg getrieben werden. Mit dem Tunnelbau wurde im März 1936 begonnen. Über 400 Arbeiter waren rund um die Uhr im Drei-Schichtbetrieb mit dem Bau des Rabenscheider Tunnels beschäftigt, ehe die komplette Strecke, wie eben schon erwähnt, im Mai 1939 eröffnet werden konnte.


Westportal der U-Verlagerung Uhu


Am 15.05.1944, exakt fünf Jahre nach der Eröffnung der Nebenbahnstrecke, wurde der Zugverkehr wieder eingestellt, denn der Rabenscheider Tunnel wurde ins sogenannte "Jägerprogramm" aufgenommen und sollte von nun an als bombensicherer, kriegswichtiger Verlagerungsort dienen. Doch dazu später mehr. Nach dem Krieg wurde die teilweise zerstörte Strecke wieder repariert, so dass ab dem Frühjahr 1946 abermals nur eine Teilstrecke wieder in Betrieb genommen werden konnte. Die Demontage der U-Verlagerung im Rabenscheider Tunnel dauerte ein bisschen länger, da zum Beispiel die eingezogene Betondecke im Tunnel wieder abgerissen werden musste. Auch das Schotterbett und die Gleise mussten neu verlegt werden. Erst im Februar 1949 konnte abermals die komplette Strecke des "Balkan-Expresses" wieder ihren Zugverkehr aufnehmen. Bedingt durch die immer stärker zunehmende Nutzung der Straßen nahm der Zugverkehr auf dieser Nebenstrecke immer mehr ab. Ab dem Sommer 1979 verkehrten auf der Strecke täglich nur noch drei Personenzüge in jede Richtung. Ein Jahr später wurde der Personennahverkehr endgültig eingestellt. Der Güterverkehr, welcher bis zum bitteren Ende die Balkan-Strecke nutzte, wurde 17 Jahre später, am 30.09.1997, eingestellt. Bis zu diesem Tage wurden auch noch zahlreiche Sonderfahrten, teilweise sogar mit alten Dampflokomotiven, auf der Strecke Haiger-Breitscheid durchgeführt. Danach wurde die Nebenstrecke mit Tunnel sich selbst überlassen, so dass sich die Natur ihr Gebiet langsam wieder zurückerobern konnte. Im Jahre 2004 wurde ein Teilstück der Trasse zwischen Langenaubach und dem Rabenscheider Tunnel wieder vom Grünzeug befreit. Der Grund dafür war, dass der Fernsehsender Pro7 dort eine Reportage über sogenannte "Schatzsucher" drehte, welche über die angebliche V2-Produktion im Rabenscheider Tunnel zu berichten wussten und Raketen-Teile der Vergeltungswaffe suchten. Ich habe den "tollen" Bericht gesehen und musste mich mehrfach zusammen reissen und schon verdammt aufpassen, damit ich mein Bier nicht auf den Fernseher pruste. Eigentlich wundert es mich schon ein wenig, dass unser Wuppertaler Held noch nicht vor Ort war und das Bernsteinzimmer gesucht hat. Da es ja sonst nirgendswo gefunden wurde, muss es ja im Rabenscheider Tunnel sein, oder?


Ostportal vom Rabenscheider Tunnel


Die erste Besichtigung des Rabenscheider Tunnels fand am 22. Februar 1944 durch Abgesandte des Reichsluftfahrtministeriums statt. Der 1.114 Meter lange Reichsbahntunnel eignete sich hervorragend zum Umbau zur Untertage-Verlagerung. Er bot von Natur aus eine gute Tarnung durch die bewaldete Mittelgebirgslandschaft und lag zudem fernab der luftgefährdeten Ortschaften im Lahn-Dill-Kreis. Der Rabenscheider Tunnel wurde am 06.05.1944 schriftlich und neun Tage später real für den Zugverkehr gesperrt und zum Umbau zur untertägigen Rüstungproduktion freigegeben. Die Firma, welche letztendlich den Tunnel als bombensichere Produktionsstätte nutzte, war die dem Jägerprogamm zugehörige Firma VDM-Luftfahrtwerke AG aus Frankfurt am Main.


Doch zunächst war der Tunnel für die Firma Messer & Co, ebenfalls aus Frankrurt am Main, bestimmt. Diese sollte im Rabenscheider Tunnel eine bombensichere Luftzerlegeanlage zur Flüssigsauerstoffherstellung (Projekt Eber) betreiben. Doch dieses "Geilenberg-Projekt" kam nicht im Tunnel Langenaubauch zum Einbau, sondern in einem Stollenneubau, welcher sich ganz in der Nähe befand. Deckname der neuen Stollenanlage war "Rosa". 


Ausweichbuchten im Reichsbahntunnel - Teile der Produktionseinheiten


Die Firma VDM-Luftfahrtwerke AG gründete eine Zweigstelle in Nähe der unterirdischen Produktionsstätte "Uhu". Deckname des  Ausweichwerkes war Holzwerk Rabe. Der Firmensitz der Zweigstelle "Techische Leitung Luftschrauben" war in Dillenburg. Betriebsleiter der Scheinfirma "Holzwerk Rabe" war Otto Schütze aus Düsseldorf. Der Deckname der Untertageverlagerung wurde vom Reichsministerium für Rüstung und Kriegswirtschaft passend für einen Tunnel gewählt und lautete "Uhu". Die OT verwendete zusätzlich noch den Tarnnamen "Rabe 1", welcher offensichtlich aus dem Tunnelnamen "Rabenscheider Tunnel" und dem Scheinfirmennamen "Holzwerk Rabe" abgeleitet wurde. Es gab nämlich noch einen weiteren Reichsbahntunnel mit dem Decknamen "Rabe" beziehungsweise "Rabe 2".


Betonfundamente im Tunnel


Der Umbau zur U-Verlagerung mit 5.000 qm bombensichere Produktionsfläche begann Anfang Juli 1944. Die Gleisdemontage und die Betonierarbeiten wurden von der Firma Grün & Bilfinger, einem bekannten Hoch- und Tiefbauunternehmen aus Mannheim mit Zweigniederlassung in Köln, durchgeführt. Es wurde eine zweite Sohle in den Tunnel eingezogen und einige Ausweichbuchten wurden zu Materiallager erweitert. Die Gleise führten nur noch bis zum Tunnelportal, wo eine Verladeanlage mit Kran errichtet wurde. Die Fundamente sind heute noch zu sehen. Zum weiteren Umbau gehörte auch der Einbau einer Bewetterungsanlage mit Vorwärmer, Luftwäscher und Nachwärmer. Diese stammte von der Firma Etna-Werke, ebenfalls aus Frankfurt. Ein kleiner Kanal mit leichtem Gefälle unter der Tunnelsohle diente als selbsständige Entwässerung der Produktionsstätte. Geplant war auch ein bombensicherer Eingangsverschluss, bestehend aus einem Meter starken Schiebetüren aus Eisenbeton. Es wurden jedoch nur provisorische Luftschutzblenden aus Stahl einige Meter im Inneren des Tunnels installiert. Die Gesamtleitung des Umbaus lag bei der Organisation Todt, zuständiger Amtsleiter der Baustelle "Uhu" war Ing. Striedinger von der OT.

Baunummer der Untertageverlagerung war 220.


Produktionstunnel mit dem Decknamen Uhu


Nach dem Umbau begann im Dezember 1944 die Produktion, wobei lediglich die nur die Hälfte der projektierten Produktionsfläche, also 2.500 qm, zur unterirdichen Herstellung von Propeller, Luftschrauben und Propellernaben genutzt wurde. Unter deutscher Aufsicht und deutschen Fachpersonal und Vorarbeiter arbeiteten im Tunnel "Uhu" überwiegend französische und russische Zwangsarbeiter. Die Luftschrauben und Propeller-Naben waren für das Flugzeug Focke-Wulff "FW 190" bestimmt. Der Abtransport geschah wie auch die Anlieferung der Materialien per Bahn in Richtung Haiger. Bis kurz vor dem Einmarsch der Alliierten blieb stand die unterirdische Rüstungsfabrik in vollen Betrieb.  

Die U-Verlagerung blieb völlig unentdeckt und erst nach Kriegsende entdeckten die Amerikaner nach und nach, was in den Bergen an der Dill und an der Lahn tatsächlich so alles geschah...


Eismann und Svenska


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Bericht, Recherche und Fotos: Eismann

Vor Ort: Svenska (danke) und Eismann (Suchtour und Erstbefahrung)

Danach irgendwann der Rest der Truppe...


Ein schöner Platz zum Grillen - mit der kleinen Schlufine und Amalfi, meinem Grill... Glück Auf!!!


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