U-Verlagerung "Unze" – Besucherbergwerk Marienglashöhle
Beginnen wir mit der Gothaer Waggonfabrik. Die Waggonfabrik in Gotha war einst eine bedeutende Metalverarbeitungsfirma für den Bau von Straßenbahnwagen und Flugzeuge. Sie bestand bereits seit dem Jahre 1883 und infolge von mehreren Eigentümerwechsel änderte sich auch stetig das Sortiment von Flugzeugen bis hin zu Fahrzeugen, Einzelteilen und Ersatzteile hierfür. Im Zuge der Aufrüstung begann die Gothaer Waggonfabrik ab dem Jahre 1933 wieder sich auf Flugzeuge und Flugzeugleile zu konzentrieren. Die Fabrik in Thüringen wurde in zunehmendem Maße Zulieferbetrieb und Lizenzproduzent der Flugzeughersteller Messerschmitt und Heinkel. Zusätzlich wurden auch eine Vielzahl von Eigenkonstruktionen entwickelt und hergestellt. Eine der ersten eigenen Flugkörperentwicklungen der Gothaer Waggonfabrik war der Doppeldecker "Gotha Go 145", ein einmotoriges Übungsflugzeug, welches zum größten Teil aus Holz erbaut wurde. Die Go 145 war eine wichtige Anfängerschulmaschine der deutschen Luftwaffe, von welcher über 1.000 Stück produziert wurden. Das Nachfolgemodell, die Go 146, ein Kurierflugzeug mit zwei Motoren wurde allerdings nur in geringer Stückzahl errichtet. Von den weiteren Varianten, den Go 147 – Go 150, wurden nur einige Mustermaschinen hergestellt, wobei Letztere, die Gotha Go 150, ein zweimotoriges Sportflugzeug, im Jahre 1939 mit 8.048 Metern ein neuen Höhenrekord erzielt hatte.
Nach Kriegsbeginn am 1. September 1939 wurden in Gotha unter dem Herstellerkürzel "doa" zum größten Teil kriegswichtige Lastensegler entwickelt und hergestellt. Unter der Leitung von dem Ingenieur Kalkert wurden die Lastensegler "Gotha Go 242" und die "Gotha Go 244" in den Varianten A – C produziert. Diese ebenfalls meist in Holzbauweise erbauten Flugzeuge waren für den Lufttransport der Soldaten konzipiert. Es wurden ungefähr 1.500 Exemplare hergestellt. In der Gothaer Waggonfabrik arbeiteten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs neben den wenigen deutschen Facharbeitern auch 1.415 Zwangsarbeiter. Teilweise im Hauptwerk aber auch in den (unterirdischen) Ausweichwerken in der Nähe. Im Jahre 1944 wurde die Gothaer Waggonfabrik durch einen Luftangriff zu fast 80 Prozent zerstört. Trotzdem begann in der Nähe des Hauptwerks, in Friedrichroda, noch gegen Ende des Jahres 1944 die Vorserienfertigung des revolutionären Nurflügel-Strahljägers Ho 229, eine Erfindung der Gebrüder Horten. Zudem wurde die Produktion und Teilefertigung der Focke-Wulf Ta 152 ebenfalls dem teilweise stark zerstörten Werk übertragen. Die Ta 152 war ein deutsches einmotoriges Jagdflugzeug, welches von allen damaligen Propellerflugzeugen, welche zum Kampfeinsatz kamen, die höchste Geschwindigkeit von 760 km/h erreichte. Die Ta 152 war eine Weiterentwicklung der Focke-Wulf Fw 190. Das Fertigungskennzeichen "Ta" stand für Kurt Tank, dem damaligen Chefkonstrukteur bei der Firma Focke-Wulf. Es wurden verschiedene Varianten entwickelt, unter anderem eine Zerstörervariante Ta 152 C-3 und ein Höhenjäger Ta 152 H. Die H-Variante besaß gestreckte Tragflächen und eine Wasser-Methanol-Einspritzung für eine kurzzeitige Leistungserhöhung. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 752 km/h gehörte das Flugzeug Ta 152 zu den schnellsten Propellermaschinen des Zweiten Weltkrieges. Mit einem Gewicht von 3.920 Kilogramm hatte die Ta 152 eine Reichweite von gut 2.000 Kilometern. Die Spannweite des Flugzeugs betrug 14 Meter wobei die gesamte Länge lediglich 11 Meter betrug. Angetrieben wurde die erst ab dem Jahreswechsel 1944 / 1945 in den Einsatz kommende Ta 152 von einem Zwölfzylindermotor der Bauart "Junkers Jumo 213".
Kofferraumtetris - wo ist unsere Befahrerausrüstung?
Beton im Wald
Stollenmundloch der Marienglashöhle - mit Kaugummiautomat und Spezialabsperrung
Marienglas im Besucherbergwerk
Betonierte Sohle in einer Abbaukammer - mit Blick in den Zugangsstollen
Zweite Sohle: Brücke über den unterirdischen See im Bergwerk Marienglashöhle
Eine der Teileproduktionsauslagerung für das Flugzeug Ta 152 der Gothaer Waggonfabrik wurde in das benachbarte Friedrichroda verlagert. Die Marienhöhle (heute Marienglashöhle), ein altes Bergwerk in Friedrichroda, wurde ab dem 19. September 1944 für eine Untertage-Verlagerung der Gothaer Waggonfabrik hergerichtet. Sie wurde bereits ab dem Sommer 1944 schon vom Rüstungsministerium in Beschlag genommen. Unter der Baunummer 418 wurde die Marienhöhle zur U-Verlagerung umgestaltet. Die Sohle der großen Bergbauhallen wurden betoniert um das Presswerk für die Tragflächen der Ta 152 hier bombengeschützt im Thüringer Wald zu errichten. Die Produktionsfläche der U-Verlagerung betrug bei Fertigstellung Anfang 1945 rund 8.000 qm. Deckname war "Unze", ein Münzname, obwohl es sich hierbei eigentlich um ein Bergwerk handelt und somit richtigerweise einen Fischnamen als Decknamen erhalten haben müsste. Bis zum Kriegsende war die U-Verlagerung Unze zu 100 % fertiggestellt, die Maschinen waren nach komplizierten Ab- und Aufbau untertage aufgestellt, aber zur unterirdischen Produktion ist es nicht mehr gekommen. Die bis zu 14 Meter breiten und 5 Meter hohen Montagehallen und Stollen der U-Verlagerung Unze blieben ohne hektisches Treiben und Produktionslärm im Berg zurück. Die Arbeiter kamen nie. Nur die 185 Zwangsarbeiter (Polen, Rumänen, Italiener und Franzosen) aus dem Lager Waltershausen, einem Aussenlager von Buchenwald, waren die einzigen, welche in der U-Verlagerung Unze gearbeitet hatten. Sie waren mit dem Umbau beschäftigt, haben wie immer unter unmenschlichen Bedingungen die Stollen betoniert, die Wetterhaltung eingerichtet, die Schmalspurgleise verlegt, die Pressen zerlegt und wieder aufgebaut, Kabel und Rohre verlegt, schlecht geschlafen, schlecht gegessen, schlecht behandelt worden für nix und wieder nix...
Tippen Tappen Tönchen unter Tage?
Betonpfeiler in der U-Verlagerung Unze
Nach der Befahrung: Thüringer Bergmann und Schlufine kallen über das Bergwerk...
Glück Auf und bis zum nächsten mal...
Dieser Bericht wurde innerhalb von 3 Stunden an einem verregnetem Herbstabend in Stollenhausen-Elberfeld erfunden und niedergeschrieben. Unterwegs waren Eismann, Kurz vor Zwölf, Mullemaus, Schlufine und Svenska. Danke an euch und Glückauf...
www.marienglashoehle-friedrichroda.de
© ut-üt / u-verlagerungen, oktober 2016 / november 2017